Mira Calix
Absent Origin
Warp/Rough Trade (VÖ: 5.11.)
Die britische Künstlerin remixt sich selbst, bis ein Popart-Manifest des Moments entsteht.
Diese Platte darf einen schon beunruhigen. Es scheint so gar kein Zentrum in den mehr als 60 Minuten zu geben, von dem aus musikalische Linien und Gedankenstränge entstehen. Ein aufrüttelndes Hin und Her ist das, eine Aufzählung all der Klangquellen und Mikroelemente würde jeden Rahmen sprengen. Aber das tut die britische Elektroavantgardistin sowieso schon auf ihren wenigen Veröffentlichungen für das Label Warp. Hier bezieht sich Mira Calix auf den deutschen Maler und Dichter Kurt Schwitters, wenn sie bemerkt, dass in Zeiten des Zusammenbruchs eben aus Bruchstücken Neues gemacht werden muss.
AmazonABSENT ORIGIN ist ein Popartmanifest des Moments, in dem Calix aber tatsächlich aus sich und ihrer Arbeit schöpft: Sie hat Elemente aus Aufnahmen (u.a. aus Indien, China und Südafrika) und musikalischen Partituren aus den letzten Jahren ihren Ursprüngen entrissen und in ein Vexierbild aus fragmentierten Realitäten der Gegenwart eingefügt.
Dieses Bild scheint sich von Track zu Track zu verschieben, darin enthalten sind Spuren der Musique Concrète, Field Recordings und geloopte Erzählungen, der Lärm aus der aktuellen politischen Landschaft, die „Stimmen“ von Vögeln und Haushaltsgeräten und der Atem, der ihr eigener sein könnte. Eine Hierarchie muss man hier gar nicht erst suchen, die Künstlerin lässt einen Chor der Welt entstehen, der Vielfalt und scharfe Kanten erklingen lässt und konsequent mit Breakbeats montiert wird. Angekündigt hat Calix auch, ihre Klanginstallation auf andere Medien und Materialien auszudehnen, darunter Poster, die mit Sonderausgaben des Albums erhältlich sein werden.