Moebius & Plank – Rastakraut Pasta
Das Vorurteil, deutsche Musiker besäßen keinen Humor, läßt sich mehrfach widerlegen zum Beispiel mit dieser LP. Das Problem scheint nur zu sein, daß sich in keinem anderen Land der Erde Humor regional so unterscheidet, daß er entweder grundsätzlich miß- oder erst gar nicht verstanden wird. Jeder hat sozusagen seinen Privathumor, eine Lektion wird vom Hausherrn erteilt. So könnte auch das Album RASTA-KRAUT PASTA wie so vieles aus und um Düsseldorf herum mißverstanden bleiben aber wer genug Distanz besitzt, hört hier eine ebenso clevere wie amüsante Parodie auf Reggae u.a. Und anstelle des Holzhammers zischt einem hier eher sanft denn abrupt eine elektronische Dusche auf den Kopf. Schon der Titel, so genial – und wenn man kurz drüber nachdenkt – naheliegend – (samt Coverausführung), zeugt von kritisch/analytischem Witz.
Was anderes kann ein deutscher Musiker (also Kraut), der sich dem Reggae verschrieben hat und als Rasta fühlt, anderes sein als ein „Rastakraut“? Und was wird aus der Symbiose Elektronik und Reggae? Ne‘ Pasta – und was für eine! Plattenköche, hier wird der Kochlöffel ironisch geschwungen. „News“ wurde zum Radio-Nachrichten-Elektronik-Dub, ohne dal‘ jemals die Technik des typischer Reggae eingesetzt wurde. Daß hier Holger Czukay seine Finger im Spiel hatte, begreift jeder schnell, der sein Album MOV1ES kennt.
Wenn das so weitergeht, dann wird dieses kompositorische Prinzip, eingefangene Radiosendungen puzzleartig zusammenzumischen, zu einem neuen „Sound“‚ oder gar „Zusatzinstrument“. Wie sehr man Leute damit in- und außerhalb der Rundfunksendungen verunsichern kann, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Jeder zweite zweifelt plötzlich an der Qualität seines Radios, das plötzlich nur noch überlagerte Sender auszustrahlen scheint. Aber auch der Zeitlupen-Reggae „Rastakraut Pasta“, der comic-hafte Dschungelbuch-Soundtrack „Missi Cacadou“ sind sehr vergnüglich. „Feedback 66“ klingt wie eine Abrechnung mit Hard Rock, böse, harsch, kratzend, gleichzeitig tendiert es in Richtung Pop Group oder This Heat. „Two Oldtimers“ liefert jene Art von Raummusik, die ähnlich einer neuen Beleuchtung oder Tapete Stimmungswechsel und ein Gefühl der Weite schafft, zum Arbeiten, Nachdenken, Träumen animiert – je nach dem – „Solar Plexus“ läßt eine Sanduhr ablaufen mit doremifasola Melodie und romantischen Einschlag a la Michael Rother. Die „Landebahn“ hingegen scheint durch die Hawaii-Gitarre aus der Luftperspektive aufgenommen zu sein, durch die vibrierende Hitze verzerrt. Ach ja, fast hätt ich’s vergessen, die Akteure Moebius und Plank sind natürlich Dieter Moebius von Cluster und Tonmeister und Produzent Conny Plank. Und RASTAKRAUT PASTA wird in meinem musikalischen Speisezettel ziemlich häufig auftauchen.