Nicolas Sturm
Angst Angst Overkill
Staatsakt/Universal
Der Singer/Songwriter nutzt 80s-Pop für eine Charakterstudie seiner Generation.
Ganz ähnlich wie die Hamburger Band Trümmer versteht sich Nicolas Sturm bestens darauf, das Verhalten seiner Generation zu reflektieren. ANGST ANGST OVERKILL handelt daher nicht von den Verängstigten in sonst wenig beachteten Landstrichen, die sich heute nur deshalb ihren Ärger so laut aus der Kehle schreien können, weil sie kein Herz besitzen, das ihre Wut bremsen könnte. Die Songs handeln vielmehr von den jungen Menschen, die über ostdeutsche Wahlergebnisse schimpfen, Merkel mittlerweile irgendwie okay Leuten finden – aber gar nicht mitbekommen haben, dass vor kurzem auch in Berlin ein neuer Senat gewählt wurde.
Nicolas Sturm, sozialisiert in Schwaben und Baden, kennt die Sprüche und Einstellungen seiner Altersgenossen. Er distanziert sich auch gar nicht von seiner Generation, die inneren Schweinehunde sind im allesamt bekannt. Während es bei Tocotronic noch eine Haltung war, kein Teil einer Jugendbewegung zu sein, befürchtet Sturm, seine Generation sei überhaupt nicht mehr in der Lage, eine solche Bewegung zu initiieren – geschweige denn abzulehnen. Stattdessen grübelt sie nächtelang darüber herum, ob es nun besser wäre, mit dem Rauchen aufzuhören oder nicht, um dann festzustellen, dass das Zimmer ohne kalten Rauch noch leerer wirkt als sonst schon.
Die Musik zu diesen Texten: 80s-Indiepop, häufig sehr nahe an den Smiths und Morrissey, vor allem was die Melodieführung betriff: Bei „Das Ende“ kann man „Everyday Is Like Sunday“ mitsingen. Zwar fehlt Nicolas Sturm das glänzende Element von Drangsal oder der intellektualisierte Trübsinn von Isolation Berlin. Übel ist ANGST ANGST OVERKILL aber nicht: Nicolas Sturms Ansatz, seine Songs von 80s-Indie dominieren zu lassen, geht auf.