Norah Jones
Pick Me Up Off The Floor
Blue Note/Universal (VÖ: 12.6.)
Das Album der Sängerin und Pianistin überzeugt als Stripped-down Star-Porträt aus der Intimsphäre.
Es gibt Leute, die Norah Jones ihre „Lieblingsmusikmillionärin“ nennen. Freundlich grinsen darf man bei dieser Liebkosung schon, stellt sie die Amerikanerin doch in einen Kontext, in dem sich die Lady Gagas und Beyoncés tummeln, im Hochamt des Jazz wird ja nicht so laut über Geld gesprochen. Norah Jones nimmt eine Ausnahmestellung ein, die sie mit dem neuen Album weiter ausbaut, mit Mitteln der Kunst, die von ihren Dinner-Jazz-Anfängen bis in Soul und Americana reichen.
AmazonEigentlich wollte die Grammy-dekorierte Sängerin und Pianistin noch kein neues Album veröffentlichen, dann gab es diese Session-Reihe, aus der sie 2019 einige Aufnahmen unter dem Titel BEGIN AGAIN herausbrachte, schließlich existierten noch genügend Rough Mixes, die sie mit ihrem Hund Gassi gehend auf dem Smartphone hörte und denen sie dann doch eine Liebkosung in Form eines Albums zukommen ließ. Gut, dass nun auch Norah „Session“ Jones, ansprechend runtergestrippt, auf Platte zu haben ist – nach Norah „Heartbreak“ Jones (2012 in vollem Pop-Ornat, von Danger Mouse produziert) und Norah „Ich gönne mir wieder eine Jazz-Platte“ Jones 2016 (DAY BREAKS).
Heartbreak, Schmerz und Verlust sind auch wieder große Themen hier, doch diesmal macht sich Jones, von Piano und Pizzicato-Streichern getrieben, auf die Flucht nach vorne. Und ihre Stimme dreht auf diesen kleinen Arrangements mit einer wunderlichen Macht: warmblütig, intim, an Schleifpapier gerieben und doch wieder so sehr Pop, dass die Millionen in den Communitys von Beyoncé ihre Klicks setzen könnten, kämen diese Songs ihnen zu Gehör.
Die größten Entdeckungen: „How I Weep“, das anders in Klang gesetzt eine Elektro-Pop-Pioniertat der Silver Apples hätte sein können und das schwimmend verlegte Country-Stück „I’m Alive“ (begleitet und produziert von Wilcos Jeff Tweedy). Flankiert von wechselnden Musikern (u.a. Jazz-Bassist John Patitucci, Longtime-Kooperateur Pete Remm) schlingert Jones durch einen Song-Parcours, in dem am Ende ein Hoffnungszeichen auftaucht. Es leuchtet in den Farben einer diesmal nicht ganz so eleganten Musik, die aber ein Glücksversprechen in sich trägt: die Magie der Unausrechenbarkeit.