Paolo Giordano :: Der menschliche Körper
Alltag in der Ausnahmesituation: Roman über Soldaten in Afghanistan.
Es gab diese Debatte, ob der ISAF-Einsatz in Afghanistan überhaupt ein Krieg sei. Die italienischen Soldaten, die in einem Camp im westafghanischen Distrikt Gulistan stationiert sind, sind sich da in der ersten Hälfte des zweiten Romans von Paolo Giordano auch nicht so sicher: Individuell kreisen ihre Gedanken um die Daheimgebliebenen, sie haben Sehnsucht oder sind froh, weit weg zu sein, sie mobben oder werden gemobbt, und das aufregendste kollektive Ereignis folgt auf eine Mahlzeit aus Rindfleisch vom örtlichen Markt.
Doch dann ändert sich alles, und für den Trupp um Feldwebel René fühlt es sich ganz unzweifelhaft wie Krieg an, Völkerrecht hin oder her. Das klingt jetzt allerdings martialischer, als es sich liest: Wie schon bei seinem Debüt „Die Einsamkeit der Primzahlen“ interessiert sich Giordano auch in diesem Buch vor allem für die Psychologie seiner Figuren. Er erzeugt Nähe ohne Kitsch, das ist nicht wenig für ein Buch, dessen Ausgangspunkt ist, dass militärische Auslandseinsätze schon fast normal scheinen – und das dann zeigt, wie ganz und gar nicht normal es ist, was diese Einsätze mit den daran beteiligten Menschen machen.
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