Prag
Kein Abschied
Tynska Records/Tonpool
Nostalgie ist eine Strategie: Auch das zweite Album der Berliner Orchester-Popper bemüht sich um jenseits der Gegenwart verankerte Distinktion.
„Wenn nur die Seele nicht so schwer wär!“ Das ist eine der ersten Zeilen dieser Platte, und sie ergibt schon Sinn. Bei Prag, diesem Berliner Trio, wird gerne den schattigen Gedanken nachgehangen. Auch auf Album Nummer zwei erzählen uns Tom Krimi, Erik Lautenschläger und Nora Tschirner leicht seufzig, aber stets wohlformuliert aus ihren Gedankenhaushalten oder von Dingen, die um sie herum passierten oder passieren könnten. Das hat natürlich immer wieder mit der Liebe und verwandten Unterkategorien zu tun, aber auch mit dem Tod (stärkster Song: „Dieser Himmel“) und der Nacht mit all ihren Möglichkeiten.
Die musikalischen Rahmenbedingungen sind ähnlich angelegt wie auf dem Debüt, vielleicht einen Zacken vielseitiger, wobei das Interessante ist: Trotz dieser Verortung zwischen schwermütigem Schlager, Chanson und Morricone haben Prag eine sehr eigene Klangsprache gefunden. Es ist schwierig zu beschreiben, was die ausmacht. Ein Schleier, eine Patina, ein Nebel, irgend so was liegt über den einzelnen Liedern. Prag sind wie die 85-jährige Dame mit den sauber ondulierten Haaren, die an der Feinkosttheke des KaDeWe immer 50 Gramm Aufschnitt kauft, oder wie die Wohnung, die zwar ein wunderbares Stäbchenparkett und fünf Zimmer hat, von denen zwei aber ganz und gar unmöglich geschnitten sind: etwas umständlich, aber durchaus interessant.