Provinz
Wir bauten uns Amerika
Warner (VÖ: 17.7.)
Die Band aus Ravensburg verschwendet das Privileg der Jugend für dramatischen Folk-Rock.
Es ist das Privileg der Jugend, nicht nach vorne blicken zu müssen, sondern im Moment aufzugehen. Diesem Moment alles, wirklich alles abzugewinnen, das tiefste Gefühl und die nichtigste Geste, die Größe der Unendlichkeit und die Belanglosigkeit des eigenen Daseins. Das mag dramatisch klingen, pathetisch gar, aber lange nicht so pathetisch wie WIR BAUTEN UNS AMERIKA, das Debütalbum einer blutjungen, 2017 gegründeten Band aus dem Oberschwäbischen, die sich den bedeutungsschwangeren Namen Provinz gegeben hat.
AmazonAus dieser programmatischen Randständigkeit heraus entwickelt das Quartett eine Idee von Jungs-Band, die wahrlich nicht neu ist, aber noch einmal mit einer erstaunlichen Dringlichkeit aufgeführt wird, die sich vor allem in der immer knapp vorm Überschlag torkelnden Stimme von Vincent Waizenegger manifestiert.
Zu einem dramatisch ausgeleuchteten Sturm-und-Drang-Folk-Rock, der in Laut-leise-Kontrasten und stadiontauglichen Refrains schwelgt, taucht diese Stimme ab ins grandiose Elend des jugendlichen Provinzlebens und dessen ewige Themen: das Sichverlieren und Sichverschwenden, das Zugrunderichten des Körpers, die Einsamkeit als kokettes Freiheitssurrogat, den Rausch, die Ödnis und die „Witze, die nur wir kapieren“, der Exzess und – dann natürlich doch noch – die Liebe.
Provinz zitieren Jim Morrison und „schießen uns ab wie Diego Maradona“. Ihre Songs tragen Teenage-Titel wie „Augen sind rot“, „Neonlicht“ und „Was uns high macht“. Sie sind cooler als AnnenMayKantereit, tanzbarer als Wanda und jugendlicher als Faber. Sie sind, ja doch, ziemlich gut.