Pulp :: It
Freaks
Separations
Fire Records/Cargo
Fire Records veröffentlicht die ersten drei Alben der Britpop-Urväter mit angemessener Wertschätzung.
Nun ist es ja nicht so, dass das Frühwerk von Pulp nicht hinreichend untersucht bzw. kompiliert worden wäre. Fire Records, bis 1992 das Label der Band, veröffentlichte eine Reihe von Samplern, die das Wirken von Pulp in den 80ern abdeckten. Jarvis Cocker, so sagt man, sei darüber nicht glücklich gewesen. Das mag an Differenzen mit dem früheren Label gelegen haben, aber auch an der Unsicherheit, was die Qualität des Materials anging. „A little embarrassed“, so schreibt der Popjournalist Everett True in den Liner Notes zu It, hätten sich Pulp schließlich seinerzeit angesichts ihres Debütalbums gefühlt. Natürlich schiebt er hinterher, dass dazu keinerlei Grund bestehe. Muss man in diesem immer noch so eigenartigen Format Liner Note vermutlich schreiben. Kann man in diesem Fall aber schon sagen, denn das 1983 erschienene It ist natürlich viel besser, als wir es damals fanden, Mitte der 90er, als wir die ersten drei Pulp-Alben kurz austesteten und dann mit einem kurzen Kopfschütteln zurück über den Anhörtresen schoben. Jarvis Cocker in den 80er-Jahren, das war ein Mann, der seine Themen schon gefunden hatte. „Wishful Thinking“ zum Beispiel: „I’ve got this love inside of me / And I still have dull aching pain“, singt Cocker, gerade mal Anfang 20 hier. Die Beklemmung im Sozialen und Sexuellen blieb das Thema und wurde bis zum in sich ruhenden We Love Life so etwas wie der Selling Point von Pulp. Es dauerte nur, bis die Band aus Sheffield eine Möglichkeit fand, all das ordentlich einzukleiden. So sind die Songs auf It in einem in seiner Zeit verhafteten Folk-Indie gehalten, der etwas anachronistisch wirkt, aber interessante Ambivalenzen aufzeigt: Einerseits ist Cocker manchmal etwas hilflos, weil er mit seiner Stimme, mit diesem Sehnsuchtsmegafon nicht immer umgehen kann, die großen Melodien versucht, aber manchmal ins Schwimmen kommt. Andererseits findet dieses Schwimmen zwischen einem eher einfachen Instrumentarium statt, das in seiner akustischen Rumpelhaftigkeit an Belle & Sebastian, aber auch an Orange Juice denken lässt. Vier Jahre später war von diesen fast unschuldigen Pulp wenig übrig geblieben. „Normal people – gone a bit wrong“ steht im Booklet von Freaks, und das trifft das damalige Selbstverständnis der Band. Die nicht unbedingt chiffrierte Sehnsucht des Debüts ist einer Stimmung gewichen, die zwischen klamm und verschwitzt changiert und dem Hörer einiges dieser Gefühle mitgibt („Master Of The Universe“, „Anorexic Beauty“), Während bei den anderen beiden Wiederveröffentlichungen das Bonusmaterial knapp ist, kommt Freaks mit einer Bonus-CD, die in erster Linie die beiden Non-Album-Singles „Little Girl (with Blue Eyes)“ und „Dogs Are Everywhere“ abdeckt. Essenziell, aber Obacht: Wer die 1994er-Compilation Masters Of The Universe besitzt, kennt all diese Songs. Das 1989 aufgenommene, aber erst drei Jahre später von Fire Records nach Vertragsauflösung hastig veröffentlichte Separations schließlich entspricht den Konsens-Pulp in Form und Inhalt und lässt sich in einem Atemzug mit den großen Alben der 90er nennen. Großartig in Szene gesetzte Popsongs, in denen Cocker in einem Wasteland zwischen Italo Disco, Croonertum, Sixties, Bowie und Acid House die Spannungsbögen nach Gusto setzt und wieder in sich zusammenfallen lässt. Dass es damals weder das düstere, Disco antriggernde „Countdown“ noch das epische „My Legendary Girlfriend“ in die Hitparaden schafften, verwundert doch und ist nicht oft genug zu betonen. Als Nächstes bitte eine komplette Zusammenstellung der Peel Sessions!
The J.B.’s & Fred Wesley
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