Raffertie
Sleep Of Reason
Ninja Tune/Rough Trade
Mit seinem Bröckel-Soul wird der englische Produzent zum Star in dem Land, in dem sich The xx und James Blake Gute Nacht sagen.
Im Alter von 26 Jahren geht man keinesfalls mehr als Wunderkind durch. Aber obwohl Benjamin Stefanski unter seinem Produzenten- und DJ-Namen Raffertie schon bei den ganz großen Festivals aufgelegt und Tracks von Franz Ferdinand und AlunaGeorge remixt hat, ist SLEEP OF REASON doch erst das Debütalbum des Absolventen des Konservatoriums in Birmingham. Ein Debüt, auf dem überdeutlich zu hören ist, dass Benjamin Stefanski Komposition studiert hat, so systematisch zerlegt er die gewohnten Strukturen der elektronischen Tanzmusik. Ein schlichtes Immer-schön-auf-die-Eins sucht man auf SLEEP OF REASON deshalb weitgehend vergeblich, stattdessen gibt es seltsame Rhythmen zu hören, die gerne auch von Takt zu Takt wechseln, bröckelnde Beats, die nur mehr wie Schatten ihrer selbst klingen, und eine Stimme, die sich auf der Suche nach dem eigenen Soul nur tastend vorwärts wagt. Und auch wenn ein Track wie „Touching“ einmal Fahrt aufnimmt, zerbricht er irgendwann, löst sich auf in seine Bestandteile, um dann völlig zu verschwinden in einer dunklen, geheimnisvollen Zwischenwelt, in der sich The xx und James Blake „Gute Nacht“ sagen, der aktuelle R’n’B wie eine Schleiereule aus dem Schemenreich herauf ruft und Raffertie eine Art von Soul erfindet, der so zerbrechlich wie großartig ist.