Renzo Wellinger :: Rocksteady: The Roots Of Reggae
Blue Dolphin
Cinema Verité: Von der Zufälligkeit des Augenblicks
Geschichten gibt es – die gibt es gar nicht. Soll sich doch in einem Studio im Kingston 1966 folgendes zugetragen haben: Hopeton Lewis, seinerzeit jamaikanischer Künstlernachwuchs, soll inmitten der Aufnahme zu „Take It Easy“ seinen Sessionmusikern im Tuff Gong Studio zugerufen haben: „Slow down, boys!“ Woraufhin einer trocken konterte: „This guy is a real rocksteady.“ Kurz darauf entwickelte sich „Take It Easy“ zum Hit und Rocksteady zum Trend, der den Ska ablöste. Anekdoten im Dutzend liefert der Schweizer Regisseur Stascha Bader in seiner liebevollen Doku „Rocksteady: The Roots Of Reggae“. Mit mehr als einem Augenzwinkern erinnern sich Langzeitüberlebende, wenn sie im Studio bei gemeinsamen Neuaufnahmen alter Klassiker ein Klassentreffen feiern wie weiland der „Buena Vista Social Club“: Stranger Cole, U-Roy, Ken Booth, Derrick Morgan, Rita Marley, Judy Mowatt, Marcia Griffiths, Leroy Sibbles, Dawn Penn und The Tamlins waren alle schon da, bevor Reggae ab Mitte der Siebziger verkommerzialisierte und verflachte. Geschichtsunterricht wird auch erteilt: Blue Beat, Ska, Rocksteady, Reggae, Dancehall, Ragga – von Unkundigen gerne mal in einen Topf geworfen, erfahren Differenzierung bis ins Detail. Mit verklärtem Nostalgieblick umhergesurft wird auch. Etwa, wenn sich Judy Mowatt daran erinnert, dass sie damals trotz der Gettogangs, genannt Rude Boys, bis tief in die Nacht in Shantytown auf offener Straße unterwegs sein konnte, ohne umgebracht zu werden.
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