Roseau

Salt

Big Dada/Ninja Tune/RTD VÖ: 18. September 2015

Digipop aus London, häufig entspannt, seltener brodelnd.

95 Prozent der Musiker, die in London vor fünf Jahren noch ihre Gitarren von Club zu Club schleppten, spielen heute digitale Musik. Es handelt sich um eine Generation der enttäuschten Traditionalisten und Neo-Digitals, und ihnen wird schon bald eine Generation der Digital Natives folgen, die das Gitarrenspiel nie gelernt haben, dafür schon als Toddler wussten, wie man Apps bedient. Kerry Leatham gehört zur ersten Gruppe.

Als Teil des Duos Peter & Kerry versuchte sie es bis vor einigen Jahren konventionell, jetzt liegt unter dem Namen Roseau ihre erste Electronica-Platte vor. Für die größte Aufmerksamkeit sorgt dabei die Single „New Glass“, ein unverschämt gelungenes Stück im Fahrwasser von M.I.A. und Kate Tempest, nur gebremster – wobei unter der Valiumoberfläche eine Hibbeligkeit brodelt, die Roseau jedoch zudeckt wie Oma den Kaffeefleck auf der weißen Tischdecke. Zwar gelingt Roseau diese Kunst nicht bei jedem Stück, aber auch der Reisebericht „Florida“ mit elektronischen Effekten alter Schule und traumwandlerischem Gesang funktioniert: Wie Lana Del Rey mit einem Pint Real Ale in der Hand. Bei „Kids And Drunks“ hat man dagegen immer das Gefühl, einem Pet-Shop-Boys-Cover zu lauschen – was wiederum beweist, dass Roseau eine Gegenwarts-Electronica spielt, deren Wurzeln im Synthie-Pop der Vergangenheit liegen.