Stereo Total
Les Hormones
Staatsakt/Caroline
Zur Sache, Schätzkens: Françoise Cactus und Brezel Göring legen neue Synthie-Surf-Space-Pop-Hits auf – mit hautnaher Poesie und einem breiten Grinsen aus dem Vier-Spur-Labor.
Das erste Stück, das Françoise Cactus und Brezel Göring 1993 auf Kassette aufzeichneten, war ein 15-minütiges erotisches Küchenrezept, wenn man der Bandgeschichte glauben möchte, die die beiden Berliner zuletzt in einem Interview kundtaten. Ein Vierteljahrhundert später betreiben Stereo Total immer noch sexy Homecooking mit den Instrumenten, die ihnen so zur Verfügung stehen: Witz, Lust, Spieltrieb, sowie eine Splatter-Variante von Kultiviertheit. Vier-Spur-Rekorder, nicht zu vergessen.
Damit stand und steht das Duo so ziemlich allein auf hiesiger Flur, mal war ihr Trash-Pop mit Space-Age-Verweisen à la mode, und als er aus der Mode kam, machte er sich über die Mode lustig. 2016 heißt die Aufforderung: Bauch einziehen, grinsen und in die schlanke Stereo-Total-Rakete einsteigen. Dort werden Hits, Hits und nochmals Hits unter Verabreichung lustmehrender Drogen und anderem Irrsinn geboten: aufreizend naiver Ballerspiel-Pop („Asonderu [Ich spiele]“), scharfes Synthie-Surf-Geknatter mit hautnaher Poesie („Doktor Kaktus“) „Ça plane pour moi“-Rock’n’Roll („Good Night Bad Morning“) oder der Lockruf aus einem Stundenhotel („Labu Hotelu“).
Auf LES HORMONES wird aber auch in bester Zitierlaune der Bauch der großen Rock-Erzählung gekrault. „Je m’en fous“ heißt das dann, wenn FranÇoise und Brezel einen Bruder von „You Really Got Me“ zur Sturzgeburt bringen. Zugegeben, das ist Billy Childish schon mehr als dreißig Mal gelungen, aber dieser hier ist ein wahrer Luftikus mit Hummeln im Hintern. À la bonne heure!