The Rolling Stones :: Charlie Is My Darling

Die Tristesse der Prä-Hippie-Ära: eine frühe Stones-Doku.

Regelrecht überschwemmt präsentiert sich der weltweite Markt an Rolling-Stones-DVDs. Doch wie im Falle des über Jahrzehnte von den Rolling Stones selbst auf Halde geschobenen End-60er-Stimmungsbilds ROCK AND ROLL CIRCUS, das erst Mitte der 90er offiziell den Endverbraucher erreichte, lagern noch einige weitere Schätze aus der gleichen Ära aufgrund der harschen Veröffentlichungspolitik des erst kürzlich verstorbenen Ex-Managers Allen Klein ungehoben in den Archiven.

Peter Whiteheads kaum einstündige Dokumentation CHARLIE IS MY DARLING steht dabei auf der Favoritenliste ganz oben. Zuletzt vor 20, 30 Jahren in völlig zerkratzter Kopie in den Programmkinos gesichtet, ist das Werk mittlerweile eine echte Rarität. Die schwarzweißen Impressionen einer kurzen Irlandtournee im Jahre 1965 trieben mit ihren kreischenden Fanhorden, den unwirklichen Zugfahrten und ernüchternden Backstage-Aufnahmen in der Illegalität dann auch ein recht munteres Leben. Auch die vorliegende Version scheint nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein, mussten doch wegen des strikten Copyrights sämtliche Originalsongs vorsichtshalber entfernt werden.

Ein sehenswertes Stück Cinema Verité bleibt das von Ur-Stones-Manager Andrew Oldham in Auftrag gegebene Werk dennoch. Allein die Suff-Szene von Mick und Keith spätnachts in einer Hotellobby am Flügel, die in Keiths ironischer Frage: „Who are you, Mick Jagger?“ gipfelt, ist die Anschaffung wert. Charlie Watts‘ aristokratische Entrücktheit, Bill Wymans sichtlicher Appetit auf weibliche Reize, vor allem aber Brian Jones‘ soziophilosophisch kluge Analysen nicht nur über die Stones sind ein faszinierendes Zeitdokument.