Them Crooked Vultures im Zenith, München

Sie spielen den Donner. Es ist so heavy, und es ist laut, wahnsinnig apokalyptisch hirnrissig, hirneinreißend L.A.U.T.! Dave Grohl drischt auf sein Drumkit ein, als hätte er irgendwie einen an der Waffel. Und John Paul Jones hat eine Art Bassgitarre umhängen, die aber etwas Mächtigeres, Monströseres zu sein scheint als nur eine Bassgitarre, mit einem unheilvoll glimmenden Display am Corpus und einem breiten, bundlosen Hals, an dem Jones von oben greifend mit wischenden Bewegungen auf und ab schrubbt und dabei ein Geräusch, ein brutalst übersteuertes Knarz-Grollen erzeugt, wie wenn einer einen Basslauf auf Gewitterdonner spielt.

Es ist der erste Song „No One Love Me & Neither Do I“, und während man dasteht und es einem die Haare nach hinten föhnt, muss man sich (noch) mal bewusstmachen, wer da gerade aufspielt: der Bassist und musikalische Ko-Kopf der wichtigsten Hardrockband der 70er und vielleicht größten Rockband ever, der Drummer der folgenreichsten Band der letzten 20 Jahre und härteste Trommler seiner Generation sowie der Mann, der mit seinen Bands und Projekten die heavy Rockmusik aus den Klauen des Nu Metal gerettet und in den letzten zehn Jahren mehr Frische, Originalität, Stil und Spaß in den Hardrock gebracht hat als sonst irgendwer.

Josh Homme mit seiner natürlichen Autorität und dreckscoolen Robertmitchumhaftigkeit fällt auch bei Them Crooked Vultures die Rolle des Frontmanns zu, und er lullt sie mit dem ihm eigenen elegant-hintergründigen Unterstatement, das die entspannte Grundhaltung dieses Triumvirats der kleinen Egos ausdrückt. Stellt die Band vor – an der Zusatzgitarre sein alter Desert-Session-Spezi Alain Johannes – und würdigt einzig bei der Vorstellung von Jones den sprichwörtlichen elephant in the room eines Blickes, indem er mit minimaler Geste andeutet, was hier los ist in Sachen Supergroup und klarstellt, wem die drei Jüngeren hier auf der Bühne ihre Waffen zu Füßen legen: „Fuckin‘ John Paul Jones“, sagt Homme, auf den lächelnd sich verbeugenden 63-Jährigen weisend, und lässt das Zenith jubeln, bevor er anfügt: „And I’m your host, I’m Joshua. Good to see you again.“

Dann rollt das Gewitter weiter.

Lustvoll und mit sichtbarem Spaß pflügen sie sich durch das gesamte Album (nein, keine QOTSA- oder gar Led-Zep-Songs). Freilich geht im infernalischen Getöse manche Feinheit der primär Hommes Handschrift tragenden Songs unter – die federnde Rhythmik, die delikat Kurt-Weilleske Staksigkeit mancher Passagen, die angeschrägten Harmoniegesänge verlieren zweifellos an Kontur im schieren Phonsturm (gepaart mit der miesen Akustik des Zenith). Aber was für ein Vergnügen, diese Band zu erleben. Wie großartig, Dave Grohl mal wieder trommeln und Josh Homme mit John Paul Jones frotzeln zu sehen. Und wenn diese drei Autoritäten entschieden haben, dass heute kathartisches Durchpusten, Sichverlieren im Schalldruck angesagt ist – ja eine der Kernfunktionen von Rockmusik neben dem ganzen musikalischen Kram -, dann nutzt man die Gelegenheit und lässt sich pusten. Wer weiß, wann wir wieder so zusammenkommen.

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