Thomas Melle :: Sickster
Furioser Roman darüber, was die flexibilisierte Arbeitswelt mit unser aller Leben anstellt.
Was wohl im Verlagsmarketing vorgegangen sein mag, dass auf dieses Buch ein Vorabendserien-Slogan wie „Überdosis Leben“ gedruckt wurde? Man kann nur hoffen, dass die Atmosphäre dort gesünder ist als im Unternehmen der männlichen Hauptfiguren dieses Romans: Thomas und Magnus besuchten beide eine Jesuitenschule in Bonn, nun arbeiten sie im Glaspalast eines Mineralölkonzerns in Berlin. Während der slackerhafte Magnus seinen Job mit Zynismus und Ausreden bemäntelt, ist Thomas ein rasender Aufsteigertyp, der in Frauen Pornofiguren sieht und jedes Innehalten mit Energydrinks und Alkohol verhindert – eine Art „German Psycho“. Doch der Absturz kommt für beide. Grandios beschreibt der bisher als Theaterautor wirkende Thomas Melle die Selbstausbeutung und den Pseudo-Heroismus der Arbeitswelt, wie auch die deprimierende Rückkehr an die Schauplätze der Jugend. Weniger gelungen ist ihm der Abstieg in den Irrsinn seiner Figuren – da ist seine Sprache allzu deklamatorisch und auf wuchtige Bilder aus. Als Rahmen setzt Melle eine Kinosituation an den Anfang und Ende des Buches: Wäre „Sickster“ ein Film, wäre er weitaus näher an den verstörenden Werken Lars von Triers als an einer harmlosen Vorabendserie.
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