Villagers
Awayland
Domino/Good To Go
Der Ire Conor O’Brien ist auf dem zweiten Villagers-Album Semisinfoniker, Pop-Poet und Geheimnisverwahrer in Personalunion.
Wohl wissen wir nun, dass Conor O’Briens Debüt unter dem Logo Villagers so etwas wie eine Vorhut war, damit beauftragt zu erkunden, was Pop im Zustand frisch entdeckter Neugierde alles fertigzubringen vermag. {AWAYLAND} kommt jetzt einer voll formulierten Aussage gleich, O’Brien hat elf Expeditionen in all die Song- und Soundungewissheiten unternommen, die einem als Musiker unterkommen können, wenn man nur lange genug darauf wartet oder mit der Band auf Tour ist. Interessanterweise unterscheiden sich die Liveversionen von dem, was auf dem Album zu hören ist, gewaltig – und zwar zum Nachteil der Live-Darbietungen. Zuletzt durfte man O’Briens Villagers im Vorprogramm von Grizzly Bear kennenlernen, das war dann die circa 175. Band, die auf der Bühne mit 174 anderen Bands um den Titel der Coldplay-Thronfolge wetteifert, wenn man ihnen den Raum dazu schenkt. Villagers schwammen nur noch im Sound. Und sie wirkten schwerfällig. Das ist auf Platte ganz anders, leicht und verspielt schlittert der Songwriter durch seine Lieder, es klingt immer ein bisschen so, als ob er gerade auf dem Sprung sei, mit dem Kopf schon im nächsten Melodiebogen, im nächsten Wortspiel, in der nächsten erzählerischen Volte. Und es passiert eine ganze Menge auf {AWAYLAND}, wenn O’Brien etwa in „Waves“ ein komplettes Naturpanorama entstehen lässt, das immer größer, immer vielschichtiger wird und in einem Wall Of Sound sein Ende findet, bevor dieser zu kippen droht. Da steht das Hochgefühl – das ein hymnisches Plingpling auf dem Piano hervorruft und frisch von Bruce Springsteens BORN TO RUN rübergeschoben sein könnte („Nothing Arrived“) – neben des Autors Erinnerung, nackt auf der Toilette gesessen zu haben, nur mit einer Zahnbürste im Mund („Earthly Pleasure“), eingezogen in einem semisinfonischen Viereck aus Streichern, galoppierenden Beats, in den Song polternden Basstrommeln und dem leisen Jive der Gitarre. Aus dem Rahmen fällt der zweieinhalbminütige Title Track, ein klassischer Showstopper, eine instrumentale Ruhepause für akustische Gitarre und Streicher. Direkt im Anschluss („Passing A Message“) steuern Villagers mit Funk-Bass und Keyboards in Richtung dessen, was man einmal Britpop genannt hat. Klingt wie The Verve ohne Muskelspiele. Es ist das Verdienst fast aller dieser Songs, dass sie auch nach mehrmaligem Hören ihr Geheimnis behalten, es ist schlicht der Moment, in dem ein großer Songwriter geboren wird. Oder die Schönheit der Poesie:„I waited for nothing and nothing arrived.“ Man sollte sich die Freude daran nicht durch einen Konzertbesuch verderben oder bei der Band mal anfragen, ob sie auch kleine Clubs in kleiner Besetzung bespielen mag.