Vladislav Delay – Tummaa

Der Finne jetzt mit elektro-aku-StischerJazzimprovisation mit Ambientbewusstsein. Zuletzt war Sasu Ripatti unter seinem Moniker Vladislav Delay am diesjährigen Album VERTICAL AS-CENT vom Moritz von Oswald Trio beteiligt, einem Werk zwischen Mikro-Dub, Minimal-House und Kollektivimprovisation, Reduktion und Dekonstruktion. Dass der Finne, der seit zwölf Jahren im Dienst der elektronischen Musik zwischen Experiment und Funktionalität steht, ein ausgebildeter Jazzschlagzeuger ist, darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden. Zusammen mit Lucio Capece (Sopransaxofon, Bassklarinette) und dem schottischen (Soundtrack-)Komponisten Craig Armstrong („Romeo und Julia“) am Piano hat Delay jetzt ein Album autgenommen, das man als elektroakustische Jazzimprovisation mit Ambientbewusstsein bezeichnen kann. Unter dem höchstmöglichen Einsatz akustischer Soundquellen entsteht ein beizeiten abstrakter, aber organischer Sound. Die sparsamen, einfachen und lyrischen Pianofiguren Armstrongs kontrastieren mit Capeces Blasinstrumenten, die – häufig jenseits der Wiedererkennungsgrenze gespielt – als weitere abstrakte Zutaten dienen für einen Sound, der von Delays (Metal-)Percussion dominiert wird. Der Finne produziert jetzt mit akustischen Mitteln eine Musik, die in ihrer Wirkung seiner eigenen elektronischen Musik ähnelt, die ja wiederum die aktuelle Paraphrase früher europäischer elektro-akustischer Improvsationsmusik darstellt. Das ist eine gute Sache für den referenz- und zitatfreudigen Vladislav Delay, aber auch ein Signal für die elektronische Musik. Zehn Jahre nach dem Ende der kurzen Ära, in der experimentelle (elektronische) Musik die untersten Ausläufer des Mainstreams touchiert hat, scheint die Zeit wieder gekommen für eine Spielart jenseits der Funktionalität der Clubmusik.