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GIORGIO MORODER
ACHT RE-RELEASES
Repertoire/Sony
Vom Schlager-Produzenten bis zum Disco-Übergott: Die Weltkarriere des Südtiroler Komponisten aufgezeichnet in acht Alben-Etappen.
Im Alter neigt der Mensch zu sonderlichen Kauzigkeiten. Oder aber man füllt endlich jene noch offenen Erfahrungslücken aus, die von einem schon ein ganzes Leben lang erwartet wurden. Komponist, Produzent, Interpret, Elektronikpionier und Soundtracklieferant Giorgio Moroder erweist sich als Fall zuletzt genannter Kategorie: Im vergangenen Mai legte der 73-jährige Südtiroler bei der Red Bull Music Academy in New York ein rund einstündiges DJ-Set hin -sein erstes überhaupt. Indes zeichnete sich schon früh ab, dass der Featuring-Gast von Daft Punk nicht dem typischen Werdegang folgen würde. Insgesamt fünf Einzelalben und drei Doppelsets spüren jetzt den künstlerischen Fußspuren, verwegenen Experimenten, imposanten Innovationen und verfahrenen Irrwegen der Ikone nach. Ausgespart bleibt komplett die Frühphase, als das Multitalent noch mit Bassgitarre in Tanzcombos durch ganz Europa tourte.
Mit den 51 Tracks des Zwei-CD-Sets SCHLAGERMORODER VOLUME I 1966-1975 ***** setzt das akribische Aufarbeiten exakt an jenem Punkt an, als Moroder zuerst in der damaligen Mauerstadt Berlin, dann in München mit eigenem Studiokomplex Musicland im Keller des Arabella-Hochhauses in Bogenhausen als Komponist, Produzent, Arrangeur und Interpret gezielt seinem Traum vom großen Treffer peu à peu näherrückt: Mit seiner ersten Solosingle „Bla Bla Diddly“ /“How Much Longer Must I Wait“ von 1966 nimmt Moroder die Bubblegum-Welle um rund drei Jahre vorweg. Dabei setzt er jene elektrische Mandoline ein, die auch seinen ersten Hit, Ricky Shaynes „Ich sprenge alle Ketten“, zur Ausnahmeproduktion gestaltet. Weitere Ohrwürmer pflastern seinen Weg: „Mah-Na-Mah-Na“,“Moody Trudy“ und „Looky, Looky“ werfen in infektiöser Simplizität europaweit Geld ab.
Bei der Studioarbeit lernt Moroder Schlagersänger, Komponist und Texter Michael Holm („Mendocino“) kennen. Bis in die Siebziger arbeitet das Team miteinander, komponiert im Gespann samt Engländer Pete Bellotte den ersten internationalen Hit, „Son Of My Father“ von der Britenband Chicory Tip. Mit Bellotte und der ehemaligen amerikanischen „Hair“-Darstellerin LaDonna Adrian Gaines alias Donna Summer packt Moroder schließlich die US-Hürde. Summers „Love To Love You Baby“ sowie ihr ebenso hypnotischer Elektronikdiskurs „I Feel Love“ münden im Weltruhm.
In Folge erweitert sich der Aktionsradius um ein Vielfaches. Moroders Produzentengoldhändchen veredelt zahllose Produkte. ON THE GROOVE TRAIN VOLUME I 1975-1993 *** und VOLUME II 1974-1985 *** spüren der Entwicklung von Moroders Hitfabrik mit insgesamt 66 Beispielen in Single-Cuts und 12-Inch-Mixen nach. Nicht alles funktioniert. Nur wenige der Fließbandproduktionen erreichen überhaupt das Niveau von Summers und Moroders Karrierezenit -1974 gestartet mit LADY OF THE NIGHT und 1980 mit THE WANDERER beendet. Als äußerst fruchtbar erweist sich Moroders Solokarriere: SON OF MY FATHER ****, ein Albenoriginal von 1972 mit Wurzeln in Großbritannien und 10 Extrasongs in der Neuauflage, koppelt die von Glam Rock inspirierten Hitsingles „Underdog“ und „London Traffic“ mit Giorgios eigener Version des Titelsongs, die sich prompt in den USA platziert. Elektronikmeilenstein FROM HERE TO ETERNITY ****** von 1977, nach EINZELGÄNGER (’75) und KNIGHTS IN WHITE SATIN (’76) drittes Werk auf hauseigenem Label Oasis, katapultiert Moroder, Co-Autor Bellotte (der auch die mysteriöse Stimme liefert!), Moog-Programmierer Robby Wedel und Toningenieur Jürgen Koppers mit griffigem Konzept weltweit in die erste Liga.
Kompositorisch nicht ganz auf Augenhöhe, dafür aber in puncto technischer Innovation als Vorreiter präsentiert sich Nachfolger E=MC2 ****: 25 Synthesizer, vier Keyboards, drei Mikrocomputer und Elektronikschlagzeug integrieren Moroder und Bellotte mit Co-Autoren Chris Bennett, Harold Faltermeyer und Keith Forsey für das erste vollelektronische Album überhaupt. Als Blaupause nehmen „Baby Blue“,“I Wanna Rock You“ und „In My Wildest Dreams“ das Synthie-Pop-Konzept der nächsten Dekade vorweg. In etwa zeitgleiche Produktionen mit den Sparks geraten allerdings um einiges wagemutiger und avantgardistischer. Ganz im Sinne des Yuppie-Zeitgeists realisiert Moroder 1983 mit Vokalist Joe Esposito das auf Kommerz getrimmte Duoprojekt SOLITARY MEN **: Flauschig-duftiger aber verzichtbarer Hochglanz-Elektro-Pop mit allerlei Genre-Überblendungen für sündteure Hightech-Anlagen. BEST OF ELECTRONIC DISCO DELUXE EDITION ***** vereint auf 19 Tracks von KNIGHTS IN WHITE SATIN an aufwärts Singles, LP-Auszüge und Zusammenarbeiten mit Chris Bennett, Paul Engeman und Joe Esposito.
Trivia
Giorgio Moroder (geb. 26.4.1940)
Soundtracks u.a.: Midnight Express, American Gigolo, Flashdance, Scarface, The Never Ending Story
Produktionen u.a.: Blondie, David Bowie, Roger Daltrey, Debbie Harry, Elton John, Freddie Mercury
Ließ das Solo-Album EINZEL-GÄNGER (’75) wenige Wochen nach Erscheinen komplett vom Markt nehmen
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