Yeah Yeah Yeahs :: Mosquito
Polydor/Universal (VÖ: 12.4.)
Always different, always the same: Pop mit einem geheimnisvollen 60s-Vibe und fantasievollsten sonischen Beigaben.
Wieso die Yeah Yeah Yeahs zehn Jahre nach ihrem Debütalbum FEVER TO TELL entgegen allen aufmerksamkeitsökonomischen Regeln immer noch existieren und immer noch Musik machen und immer noch hervorragende Musik machen? Es könnte an einem Denkfehler liegen. Und zwar dem, dass das Trio aus New York fälschlicherweise von Beginn an mit dem Post-Strokes-Hype und dann nahtlos mit dem hauptsächlich von Großbritannien ausgehenden Indie-Rock-Revival der mittleren Nuller-Jahre in Verbindung gebracht wurde. Und offensichtlich mit beiden Strömungen nichts zu tun hat außer der Zeitgenossenschaft. Oder so: Wer nicht brennt, kann auch nicht ausbrennen. Oder für die ganz Doofen: „Die ziehen seit einem Jahrzehnt ihr eigenes Ding durch.“ MOSQUITO, das vierte Album von Karen O, Nick Zinner und Brian Chase, sagt zunächst einmal eines: Yeah Yeah Yeahs haben bisher keines ihrer Alben zum zweiten Mal gemacht – keine schlechte Überlebensstrategie, wenn man die Generation Boredom als Zielgruppe auserkoren hat. Dabei bleibt die Musik des Trios hochgradig wiedererkennbar, was natürlich zum größten Teil an Karen O liegt. Ihre schauspielerische Leistung als exaltierte und exzessive Sängerin funktionierte bisher in jedem Umfeld – ob im eher scharfkantigen FEVER TO TELL, dem mehr elaborierten SHOW YOUR BONES oder dem relativ elektronischen IT’S BLITZ!. Bei all dem darf nicht vergessen werden, dass die Yeah Yeah Yeahs unter den diversen musikalischen Anstrichen immer eine Popband gewesen sind, die die immanente und vielleicht manchmal unerkannte Sehnsucht nach Pop quer durch alle Hörerschichten befriedigte. MOSQUITO ist dann auch in erster Linie eine Pop-Platte. Wir widersprechen Karen O nur ungern, aber ihre im Vorfeld der Veröffentlichung gemachte Äußerung, das neue Album der Yeah Yeah Yeahs werde „extrem Lo-Fi“, ist überhaupt nicht nachzuvollziehen. MOSQUITO wirkt eher wie ein extrem durchdachtes künstlerisches Statement, bei dem nichts dem Zufall überlassen wurde. Diese Popsongs, die nicht selten einen geheimnisvollen 60s-Vibe ausstrahlen, erhalten ihre Distinktionsmerkmale durch die fantasievollsten sonischen Beigaben, die ihnen untergemischt werden. Zum Beispiel in der Ballade „Subway“, in der Schienengeräusche der New Yorker U-Bahn den „Beat“ liefern. Oder das psychedelische Gewabere in „Under The Earth“. „Buried Alive“, noch am ehesten vergleichbar mit den frühen Yeah Yeah Yeahs, erhält seine Spannung durch den Beitrag von Dr. Octagon alias Kool Keith. Und „Sacrilege“, die erste Single aus MOSQUITO, ist ja jetzt schon einer der ganz großen Songs des aktuellen Jahrgangs.
Story S. 44; „Covervisionen“ ME 4/2013
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