Rick Wakemann


„MAN KANN IN DER TAT SAGEN, DASS ICH ALLES YES ZU VERDANKEN HABE“, sagt Rick Wakeman, lächelt, und besieht sich wohlwollend das Wohnzimmer seines neuen Hauses. Erst kürzlich zogen Rick und seine Frau Ros in ein Landhaus bei Gerrard’s Cross, in der Nähe von London. Draussen vorm Haus, parkt ein roter Jaguar E Type, ebenfalls ein Symbol des Erfolges. Rick verliess seine Gruppe ‚Strawbs‘ und wurde Nachfolger von Tony Kaye, dessen musikalische Ideen nicht mehr zu YES passten. Eines Tages rief Gitarrist Steve Howe Rick an und wollte wissen, ob er zu YES kommen wollte. Rick: „Ich war sehr überrascht, zumal ich nicht im Traum daran gedacht hatte, Strawbs zu verlassen.“ Aber dann lockte ihn das Angebot doch und er kam und half der Gruppe bei der Fertigstellung der LP ‚Fragile‘. Er ist ein würdiger Meister aller Tasten-instrumente und gab der Gruppe einen Stoss in die gute Richtung. Wir stellten ihm ein paar Fragen über die Musik der YES.

RICK: Ich glaube, dass wir uns in die gute Richtung entwickeln. Man kann unsere Musik klassischen Rock nennen. Musik mit dem gleichen aufregendem Element wie hard rock, nur komplizierter und musikalischer.

Gefällt es dir, Mitglied der YES zu sein?

RICK: Ich kann es noch gar nicht glauben. Kürzlich bestellte uns unser Manager in sein Büro und erklärte uns, er könne uns nicht mehr wie gewöhnlich monatlich auszahlen. Wir sahen uns verblüfft an, doch dann erzählte er, es sei so viel Geld aus Amerika gekommen, dass er der Ansicht sei, jemanden zu beauftragen unser Geld zu verwalten. Wir konnten ihm kaum glauben, denn bisher hatten wir alle ein normales Leben geführt, in billigen Wohnungen oder Zimmern gewohnt und nun brauchten wir jemanden für unser Geld … Das alles hatten wir ‚Fragile‘ zu danken.

Welche Auftritte magst du am liebsten?

RICK: Am liebsten würde ich zusammen mit YES ein Open Air-Festival geben. Vor meiner Zeit spielte die Gruppe ein paar mal auf einem Festival. Mir wäre es egal, wieviele Menschen kommen würden. Wir sind an viele Leute gewöhnt und haben genug Erfahrungen in den Staaten gesammelt. Ich spiele gern in Europa, trotzdem wollen wir uns in Zukunft noch mehr auf Amerika konzentrieren, nicht nur des Geldes wegen, sonder auch noch aus anderen Gründen. Eine Gruppe hat es dort besser, alles wird viel grösser aufgezogen. Man erreicht sehr viel Menschen mit seiner Musik und wir können auch unsere gesamte Anlage mit auf die Bühne nehmen. Es macht mir Spass, meine fünf Instrumente mit auf’s Podium zu nehmen und Steve besitzt 14 Gitarren, die er auch dabei haben will. Bill, unser alter Drummer, nahm jedesmal zwei Schlagzeuge mit und das ist in Amerika ganz natürlich. Auf der anderen Seite sind natürlich mit so gigantischen Konzerten auch Nachteile verbunden. So erinnere ich mich an ein Konzert in Santa Abba. Wir beschlossen, einmal in der letzten Reihe des Stadions platzzunehmen, weil wir wissen wollten, wie die Aussicht von dort war. Die Leute auf der Bühne waren nicht viel grösser als Streichhölzer und für solch einen miserablen Platz mussten die Leute auch noch 2 Dollar bezahlen.

Sind nun wirklich so viele englische Gruppen in den Staaten bekannt, wie immer behauptet wird?

RICK: Ganz und gar nicht. Viele Gruppen behaupten, in den Staaten populär zu sein, doch wenn man einmal selbst dort war, dann kann man sich davon überzeugen, dass das oft nicht wahr ist. Ich habe viele englische Gruppen drüben gesehen, die nur vor einer Handvoll Menschen spielten. Natürlich gibt es auch Bands, die wirklich populär sind. Man denke an die Stones, Led Zeppelin, Jethro Tüll und Who. Vor Jethro Tüll haben wir sehr viel Respekt, weil wir auf unserer ersten Amerika-Tour in ihrem Vorprogramm auftraten. Die Gruppe war unwahrscheinlich nett und hilfsbereit, was Wir wirklich nicht von allen Gruppen behaupten können, mit denen wir zusammen gespielt haben.

Erzähle etwas über das neue Album, das bald erscheinen wird.

RICK: Wir arbeiten im Augenblick unheimlich hart daran. Gestern waren wir noch achtzehn Stunden hintereinander im Studio, deshalb sehe ich heute auch so heruntergekommen aus. Wir arbeiten durchschnittlich 400 Stunden an einer LP. Jede Note muss ausgetestet und jede neue Idee arrangiert werden. Das kostet natürlich viel Zeit und eine ganze Menge Geld. Das Album wird im Vergleich zu unseren anderen Platten, eine steigende Linie zeigen. Die Nummern werden länger sein und den Solos sind wir absichtlich aus dem Wege gegangen um eine grössere Einheit zu bekommen. Die längste Nummer heisst ‚Clüse To Ths Edge‘ und dauert siebzehn Minuten.

Was ist dem schönstes Erlebnis?

RICK: Ich erinnere mich an ein Erlebnis mit den Strawbs. Man hatte uns für einen Rock AnJ Roll Zirkus engagiert, der in Paris stattfinden sollte. Wir kamen gleich nach Atomic Rooster dran und man nannte uns Strobe. Während wir spielten, machte eine Frau auf einem Drahtseil Kunststücke. Doch ihr gelang nichts, alles ging verkehrt. Sehr verständlich, wenn man bedenkt, dass wir unter ihr standen und in voller Lautstärke spielten. Später kam ein Löwenbändiger, aber auch er fühlte sich in unserer Begleitung nicht wohl.

Rick Wakeman ist Mitglied einer der meistversprechendensten Topgruppen der Welt und behauptet, ein glücklicher Mann zu sein. „Das Verhältnis mit Chris, Jon, Steve und Bill ist ausgezeichnet und mit dem neuen Drummer Alan White verstehe ich mich jetzt schon prächtig“, meint er. „Es sah fast danach aus, als hätte ich mich bei Strawbs in meinen eigenen musikalischen Ideen verirrt. Erst jetzt merke ich, dass meine Ideen zunehmen, denn meine Umgebung inspiriert mich enorm. Meine Frau, mein Sohn und meine zwei verrückten Hunde machen mich froh. Und sollte etwas schiefgehen – dann habe ich immer noch das Haus um drin zu wohnen.“