Ringo Starr: „Keith Moon ist der neue Rex Harrison“


Ringo Starr, 34-jähriger Drummer, der vor 12 Jahren entschlossen bei einer Beatgruppe mit Namen The Beatles einstieg, um berühmt zu werden, hat neue Zukunftspläne: Er wird Plattenboß.

Ein regnerischer Freitagnachmittag in London. Eine kleine Gruppe auserwählter europäischer Journalisten hat die seltene Gelegenheit, Herrn Starr persönlich über seine neuen Pläne nach Strich und Faden auszufragen. Es wird eine sehr interessante Konversation mit dem Ex-Beatle, der als schwieriger Gesprächspartner verschrieen ist. Diesmal ist er die Bereitwilligkeit in Person. „Ring ‚O Records“ heißt das Thema: Ringo’s eigenes Plattenlabel. Damit steigt Ringo nach George Harrison, der vor einiger Zeit sein Label Darkhorse aus der Taufe hob, als zweiter Ex-Beatle ins Geschäft ein.

Die erste LP, die auf Ringo’s Label erscheint, heißt „Startling Musics“ und ist eine haargenaue Kopie des Albums „Ringo“ – nur mit dem Unterschied, daß sämtliche Lieder auf Moog-Synthesizer von David Hentschel nachgespielt wurden. Dieser, vor kurzer Zeit noch sehr unbekannte, Jüngling arbeitete sich vom Laufburschen über den Job eines Tontechnikers im Londoner Trident Studio hoch zum Synthesizer-Spezialisten.

Voriges Jahr im Juni haben wir uns zusammengesetzt und das Ganze x-mal durchgesprochen“, erzählt Ringo, „und wir hatten beinahe eine Million Titel für die erste LP in die engere Wahl gezogen. Weil wir uns nicht einig wurden, kamen wir dann auf die Idee, meine Platte „Ringo“ mit Synthesizer neu aufzunehmen, nur in einer anderen Reihenfolge. Ich habe David freie Hand gelassen, und es klingt überraschend gut.“ David Hentschel sitzt etwas abseits in einer Ecke, er ist diesen Rummel um seine Person noch gar nicht gewohnt.

Ringo erzählt uns, warum er seine eigenen Platten nicht auf dem eigenen Label auf den Markt bringen kann: Bis zum nächsten Jahr stehen er und auch die anderen Ex-Beatles noch fest bei EMI unter Vertrag, die Firma, die Millionen an den legendären Vieren verdient hat. Im selben Jahr läuft auch der Vertrag mit der Beatle-Produktionsfirma Apple aus. „Ob meine Solo-Platten in Zukunft auf Ring ‚O erscheinen, weiß ich noch nicht“, sagt Ringo, „mal sehen. Mann, was bin ich froh, daß ich dann nichts mehr mit der EMI zu tun habe.“

„Der größte Schlamassel mit Apple liegt auch schon hinter uns, obwohl wir noch eine ganze Menge Bürohäuser stehen haben. Ring ‚O Records wird aber nicht nur eine Musikrichtung produzieren, wir machen ganz stinknormale LP’s und Singles“, erklärt Ringo mit Nachdruck. „Es kann Rock ’n‘ Roll sein, oder was weiß ich. Ein paar schnelle Hits sind mir immer willkommen. Wir haben schon eine ganze Menge Pläne. Ich bin verrückt auf Singles.“

„Mein heutiges Problem ist eine neue LP. Wenn ich sie aufnehme, mache ich das nur in den Staaten. Da finde ich nämlich die Musiker, mit denen ich zusammenarbeiten will. Bis 1967 wurde alles in England gemacht, danach kam Los Angeles und jetzt ist New York an der Reihe. Ich gehe bald wieder nach Amerika, um mich ein bißchen umzusehen. Ich habe ein Auge auf einen Musiker geworfen, der so einige Schwierigkeiten mit seiner Plattenfirma hat, übrigens ein guter Freund von mir. Wir haben auch Pläne für eine Single mit Bobby Keves.“

Übrigens hat sich Ringo auf den Film-Pfad begeben: „Keith Moon und ich sind mit einem Film beschäftigt. Ich fand seine LP zuerst katastrophal, aber nachdem sie fertiggestellt war, gefiel sie mir doch ganz gut. Vor allem „In My Life“ ist sehr gut gelungen. Ihr könnt mir ruhig glauben, daß Keith Moon ein unheimlich guter Schauspieler ist. Er ist der neue Rex Harrison!“ Und was mag Ringo musikalisch am liebsten? „Rock ’n‘ Roll“, kommt’s sofort aus Ringos Mund, „aber ich gehe sehr selten zu Rock-Konzerten. Meine englische Lieblingsgruppe ist Mud, ja, und auch Harry Nilsson, dessen neue LP ich mir sehr gerne anhöre. Aber wißt Ihr, was ich für die schärfste Platte der letzten fünf Jahre halte? „Walls And Bridges“ von John Lennon. Das ist eine gute Platte … !“