Robin Trower – „Die Glitterstars können mich alle mal!“
Imobin Trower – mittlerweile wurde er schon so oft als Geist des verstorbenen Jimi Hendrix bezeichnet, daß er es langsam nicht mehr hören kann. Daß sich der ehemalige Procol Hamm-Gitarrist trotz aller Lorbeeren dem Idol noch lange nicht gewachsen fühlt, obwohl er sich für den größten lebenden Rockgitarristen hält, betonte er in einem ME-Interview. Ebenso ließ er durchblicken, daß seine deutschen Fans im Herbst wahrscheinlich Gelegenheit haben, ihn endlich live zu erleben.
ME: Warum hast du dich mit deiner Gruppe eigentlich noch nicht in der Bundesrepublik gezeigt? Robin: Ich glaube, der Grund liegt in der letzten USA-Tournee. Wir haben eine gewaltige Tour durch die Staaten hinter uns, außerdem wurde dort auch unser Album „For Earth Below“ produziert.
„Wir sind eine Supergruppe“
Amerika hat uns, zugegeben, sehr verwöhnt. Publikum und Presse reagierten ausgesprochen herzlich. Naja, und unsere LPs verkaufen sich dort eben auch prächtig. Aber wir nehmen Europa jetzt auch in Angriff. Wenn die Zeichen nicht trügen, dann werden wir im Herbst nach Germany kommen – wenn wir den Engländern einen Besuch abgestattet haben.
ME: Kannst du uns.etwas überdeine musikalische Entwicklung erzählen? Robin: Ja, alles begann mit dem Rock’n’Roll. Als ich all diese Typen Elvis, Chuck Berry etc. mit ihren Gitarren herumrennen sah, mußte ich auch so ein Ding haben. Damit begann es. Ich habe mir das Gitarrespielen selbst beigebracht. Habe mir meistens eine Platte aufgelegt und dann versucht, mitzuspielen. Dann kamen diverse Amateurcombos und schließlich die Paramounts mit ihren fünf Singles. Sie hatten praktisch die gleiche Besetzung wie später Procol Hamm. Ich stieg bei den Paramounts aus, die nannten sich bald Procol Harum und hatten wenig später mit „Whiter Shade Of Pale“ ihren Hammerhit. Ein paar Monate später suchten sie einen neuen Gitarristen, und da stieg ich eben wieder ein.
ME: Und warum bist du dann endgültig bei der Harum ausgestiegen? Robin: Das hatte nichts mit den Leuten zu tun, denn ich bin mit allen immer gut ausgekommen, und ich hatte auch genug kreative Freiheit. Ich habe sogar einige Songs der Harum arrangiert und manchmal gesungen. Aber ich spürte genug musikalische Potenz in mir, um etwas eigenes aufzubauen. Ajif die Dauer befriedigt es eben nicht, wenn du nur ein Koch von vielen bist.
ME: Wer komponiert eigentlich für deine neue Band?
Robin: Meistens ich. Nur bei den Texten hilft mir Jim ab und zu. ME: Wenn man es dir anbieten würde, würdest du dann zur Harum zurückgehen?
Robin: Niemals, der Kuchen ist gegessen, ein für allemal. Nur Matthew Fisher (Ex-Organist der Harum) treffe ich regelmäßig, weil er unsere LPs produziert.
ME: Würdest du gerne mit anderen, noch bekannteren Musikern zusammenspielen? Beispielsweise mit Jack Bruce, Ginger Baker und anderen großen Namen eine Art Supersession oder sogar Supergruppe aufmachen? Robin: Nichts gegen Jack Bruce; er ist ein unheimlich heißer Bassist. Aber gegen Supersessions mit berühmten Namen habe ich was. Und was sollte es auch? Wir sind eine Supergruppe. Ich habe mit Jim einen der besten Sänger und Bassisten. Bill Lordan, der von Sly And The Family Stone kommt, ist für mich der beste Schlagzeuger und ich bin der größte lebende Rockgitarrist der Welt. Was soll also eine Session mit Bruce, der in einer ganz anderen musikalischen Welt lebt? Oder mit Clapton? Er ist ein guter Gitarrist, aber sonst nur ein Name. ME: Man sagt, das Thema Drei-Mann-Band sei ausgekocht! Robin: Stimmt, aber wir sind die berühmte Ausnahme der Regel.
„In Jimis Schatten fühle ich mich ziemlich klein
ME: Kommen wir mal zum Thema Hendrix! Robin: Jimi, jadaswar ein Gitarrist, nicht nur ein Name. Er war so gewaltig, daß ich mich heute noch in seinem Schatten ziemlich klein fühle. ME. Welche Phase seines Schaffens war für dich am wichtigsten, hat dich am meisten beeinflußt?
Robin: Am wichtigsten fürdieRock- . szene war wohl die Phase, die parallel zu seinen beiden ersten Alben lief. Für mich persönlich war „Band Of Gipsies“ am wichtigsten. Sie hat meinen Stil am meisten beeinflußt. ME: Hast du Jimi persönlich gekannt oder ihn live erlebt? Robin: Gekannt habe ich ihn nicht. Wir haben nie miteinander persönlichen Kontakt gehabt. Und live habe ich ihn leider nur ein einziges Mal gesehen. Das war kurz vor seinem Tode bei einem Festival in Berlin. Sonst nie.
ME: War es ein großes Erlebnis für dich?
Robin: Ja und nein. Weißt du, wenn man jetzt darüber nachdenkt, dann hat man das Gefühl, als ob er damals schon vom Tode gezeichnet war. Die ganze Sache ging nicht so total los, wie erwartet hatte.
Kommen wir in die Gegenwart zurück. Kannst du dir vorstellen, daß du deine Band eines Tages um ein paar Leute erweitern wirst?
Robin: Du meinst, Keyboardplayer oder ähnliches ins Konzept mit aufnehmen? Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Aber zuerst möchte ich alle Möglichkeiten dieser Drei-Mann-Band ausschöpfen. Man sollte bei eigenen Projekten immer erst klein anfangen. Für spätere Zeiten kann man sich alles aufheben, sogar ein Sinfonieorchester. Aber das ist echt noch nicht spruchreif. ME: Was denkst du über Theater-Rock und Glittershows? Robin: Für mich persönlich ist das nichts. Gut gemachter Theaterrock okay, den akzeptiere ich. Aber die Glitterstars, die können mich alle mal. Ich mache gute Musik und die soll zum Ohr rein und nicht durchs Auge. Solchen Firlefanz haben wir, wie andere gute Musiker, wirklich nicht nötig. ME: Gibt es die denn überhaupt noch? Ist die Rockszene augenblicklich nicht ziemlich lasch? Robin: Stimmt schon. Aber gute Musiker gibt es noch. Und irgendwann wird die Szene wieder gut losgehen. Dafür werden wir schon sorgen!