Von Abba über Battlebots bis R2-D2: Diese Roboter aus der Popkultur müsst Ihr (nicht) kennen
ABBA sind zurück als ihre digital-verjüngten Avatare, auf Netflix rammen sich ferngesteuerte Hybrid-Rasenmäher und tödliche Staubsaugroboter und wer war eigentlich noch mal der nervigste Android der Filmgeschichte? Linus Volkmann widmet die aktuelle Popkolumne all den künstlichen Intelligenzen in Film und Fernsehen. Das ist R2-D2-Porn vom Allerfeinsten.
„Der Chef des Labors ist ein Roboter – und die Bombe ist in ihm!“
(Arthur Spooner in „King Of Queens“)
Diesen Satz stößt die legendäre Sitcom-Figur Arthur Spooner (R.i.P. Jerry Stiller) in einem Kinofoyer aus. Ein Raunen geht durch die Umstehenden, raubt dieser Spoiler ihnen doch in nur wenigen Worten die Pointe eines anstehenden Kinovergnügens.
Natürlich gibt es jenen Film mit dem explodierenden Labor-Roboter nicht, aber was mich daran immer fasziniert hat: Man kann ihn sich anhand dieses einen einzigen Satzes fast komplett zusammenphantasieren – irgendwie würde man ihn sogar gern sehen. Die Auflösung, dass ein Mensch in Wahrheit unbemerkt ein Roboter ist, kitzelt sofort eine Sci-Fi-Faszination wach.
Überhaupt wollte ich immer schon mal eine ganze Kolumne dem Phänomen Roboter und Künstliche Intelligenz in der Popkultur widmen. Was mir bloß fehlte, war der aktuelle Aufhänger, um dieses wunderbare Thema an den strengen Online-Redaktionsgremien vorbei zu tricksen.
Nun aber, friends, ist es so weit – Isaac Asimov und seine drei Robotergesetze, bitte steht uns bei!
Battlebots
Auf Netflix trendet aktuell die Ausstrahlung von „Battlebots“, eine TV-Serie, die in den USA bereits auf zehn Staffeln kommt. Netflix Deutschland bietet aktuell zumindest jene zwei an, die beim Sender ABC ausgestrahlt wurden. Battlebots? Was das sein soll, man kann es sich ungefähr vorstellen: eine Mischung aus Event-TV, nerdy Heimwerker-Kult und Cagefights von metallenen Seifenkisten. Alles in Turnierform.
Wer die Simpsons kennt, hat einen kleinen Vorteil: Die neunte Folge der 15.Staffel erzählt davon, wie Homer Simpson seinem Bart einen solchen Battlebot bastelt (der dann allerdings bloß aus Homer selbst in einer Kiste besteht).
Ich freue mich jedenfalls, mit jahrzehntelanger Verspätung nun endlich die Original-Quelle sehen zu können, auf die diese Folge rekurriert.
Hey, und bei aller Liebe für die nächste queere Dating-Show: Dieser Battlebots-Kram ist unfassbar unterhaltsam. Seit den guten Dschungelcamp-Staffeln und den frühen Bachelor-Momenten habe ich nicht mehr so faszinierendes Trash-TV gesehen. Keine technischen Vorkenntnisse nötig. Einfach nur Hammer-und Kreissägen-Petting vom Allerfeinsten. Nehmt dies als zentrale Empfehlung für den nächsten Katertag mit:
Gruppenbild mit Roboter: 5 Plattencover to remember
01. Kraftwerk – „The Robots“
02. Queen – „News Of The World“
03. Daft Punk – „Random Access Memories“
04. Aerosmith – „Just Push Play“
05. The Get Up Kids – „Something To Write Home About“
8 denkwürdige Künstliche Menschen im Film
01. Data (Brent Spiner, „Star Trek – Next Generation“)
Ich muss sagen, mich haben seine Gastauftritte bei „Big Bang Theory“ mehr begeistert als die Figur des seltsam geschminkten Datas seinerzeit in „Star Trek“. Aber für die Popkultur stellt der stets auf „interessante Weise“ alles Menschliche hinterfragende Data sicher eine der prominentesten humanoiden Maschinen überhaupt dar.
02. The Gunslinger (Yul Brynner, „Westworld“ / „Futureworld“ 1973 / 1976)
Ein Robotercowboy von unerreichter Emotionslosigkeit.
03. T-800 / T-1000 (Arnold Schwarzenegger / Robert Patrick, „Terminator 2“, 1991)
Fraglos zwei Menschmaschinen für die Ewigkeit.
04. Lobot („Star Wars – Das Imperium schlägt zurück“)
Eine Randfigur, deren Auftauchen ich allerdings bei jedem Rewatch entgegenfiebere, wenn die Rebellen wieder durch die Wolkenstadt Bespin eiern. Allein schon dieser Name „Living Robot“ beziehungsweise Lobot… starker Typ.
05. Ash (Ian Holm, „Alien“ 1979)
Die antagonistische Figur, auf die sich möglicherweise das Eingangszitat von Arthur Spooner beziehen könnte. Der zuerst nicht als solcher geoutete Android, der in „Alien“ die Besatzung verrät und corporate Interesse der Firma ausführt. Wer hat nicht schon mal solche Bürokollegen gehabt?
06. Wolverine (Hugh Jackman, „X-Men“, 2000)
Es muss ja nicht immer ein elektronisches Gehirn sein, um als spektakulärer Hybrid zwischen Mensch und Maschine durchzugehen. Manchmal reicht es eben auch, ein Skelett aus Adamantium zu besitzen.
07. Arthur (Michael Sheen, „Passengers“, 2016)
Dieser liebenswerte Barkeeper ohne Unterleib in einem Film für alle friends von gespenstisch leeren Riesen-Raumschiffen.
08. Edward (Johnny Depp, „Edward mit den Scherenhänden“, 1990)
Musste ich erst noch mal nachschlagen. Aber ja, bei diesem ikonischen Pinup der Gothic-Szene handelt es sich um einen künstlichen Menschen, den sein sterbender Schöpfer nicht mehr komplett fertig stellen konnte. Like, wer auch das von sich selbst kennt.
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7 Roboter der Film- und Seriengeschichte, die man einfach ins Herz geschlossen hat
01. R2-D2 („Star Wars“, seit 1977)
02. Nummer fünf („Nummer Fünf lebt“, 1986)
03. V.I.N.CENT. („Das schwarze Loch“, 1979)
04. Dot Matrix (Joan Rivers, „Spaceballs“, 1987)
05. Wall-E („Wall-E – der letzte räumt die Erde auf, 2008)
06. Grag („Captain Future“, 1980er)
07. Der Hedonismus-Bot („Futurama“, ab 1999)
7 ikonische Roboterwesen für die Cineast*innen
01. The Maschinenmensch (Brigitte Helm, „Metropolis“, 1927)
02. Tin Man (Jack Haley, „The Wizard Of Oz“, 1939)
03. Gort (Lock Martin, „The Day The Earth Stood Still“, 1951)
04. Mechagodzilla („King Kong vs. Godzilla“, 1974) & („Ready Player One, 2018“)
05. Hal-9000 (Douglas Rain [Stimme], „2001 – Odysee im Weltraum“, 1968)
06. The Iron Giant (Vin Diesel [Stimme] „The Iron Giant“, 1999)
07. Ultron (James Spader, „Avengers – Age Of Ultron“, 2014)
4 ziemlich raviolidosige Scheiß-Androiden
01. David (Michael Fassbender, „Prometheus – Dunkle Zeichen“, 2012)
Please kill me, wenn ich diese verschwurbelte Affenscheiße von Ridley Scott über die Ursprünge der Menschheit und der Aliens noch einmal sehen muss. Der uncharismatische beziehungsweise überbewerte Michael Fassbender setzt diesem verlaberten Verschwörungstheoretiker-Streifen zudem die Krone der Ödnis auf.
02. General Grievous („Star Wars III – Die Rache der Sith“, 2005)
Ich sage es, wie es ist: Die mittlere „Star Wars“-Trilogie erzeugt in gleichem Maße Augenrollen wie Mitleid. Die vermeintlich so geile Digitaltechnik, mit der George Lucas sein eigenes Werk in den 90ern und frühen 2000ern nachhaltig selbst verhunzte, wirkte schon damals gar nicht mal so geil. Jar Jar Binks ist kaum ein oder zwei Level realer als der Pumuckl, als der noch als Zeichentrickfigur zu seinem Meister Eder in den Realfilm gemalt wurde. Eine besonders zweidimensionale Figur mit Ventilator-Swag fungiert dabei im Finale der Mülltonnen-Trilogie als Endboss: General Grievous. Alter, dagegen sind die vier Geister bei Pacman ja noch richtige Charakterdarsteller.
03. David (Haley Joel Osmond, „A.I. – Künstliche Intelligenz“, 2001)
Geil, heißen möglicherweise alle Schrotthaufen-Bots David? Dieser Pinocchio hier jedenfalls ist so ein verunglückt rührseliges Projekt, das ohne Steven Spielberg und Stanley Kubrick als Absender nicht mal bei Kabel Eins gelaufen wäre.
04. Bumblebee („Bumblebee“, 2018)
Freundschaft unter Autos? Wer hat sich das bloß ausgedacht, das Marketing von Volkswagen? Bei aller Liebe fürs Beseelen von toten Gegenständen, wer den laut hupenden Auffahrunfall der „Transformer“-Reihe für einen gelungenen Blockbuster hält, leckt auch gern an 9-Voltblock-Batterien.
Besondere Erwähnung: „Ich bin dein Mensch“
Neben all den Kultfiguren, die die Sehnsuchtsgeschöpfe Roboter in unzähligen Filmen, Büchern, Serien, Games implantiert haben, stellt die Auseinandersetzung mit der Künstlichen Intelligenz immer auch die Frage danach: Was macht den Menschen aus? Was gerade in Zeiten von lernenden Algorithmen, die versuchen uns immer näher zu kommen, ein interessantes Terrain ist. In dem aktuellen Film „Ich bin dein Mensch“ von Maria Schrader werden all jene im Alltag heute noch eher lästigen und unflexiblen Devices wie Siri und Alexa weitergedreht. Wie nah kann einem ein Programm kommen – und wie viel von einer solchen Nähe kann man überhaupt ertragen?
Besondere Erwähnung II: ABBA
Dass ABBA 2021 nicht als freundlich gebrechlich Pop-Senioren zurück ins Geschehen geschlurft kamen, sondern als ihre eigenen digital junggebliebenen Avatare, dürfte kaum jemandem in der letzten Woche entgangen sein. Die Utopie/Dystopie, dass Künstler*innen irgendwann durch ihre eigenen Hologramme ersetzt werden können (wie schon mit Tupac erprobt), rückt mit diesem Ereignis jedenfalls ein großes Stück näher – und dürfte uns weit länger begleiten als der neue treudoofe ABBA-Schlager, den die künstlichen Bennis und Agnetas uns mitbrachten. Eins jedenfalls lehrt uns diese Heimsuchung: Authentizität wird auf sehr lange Zeit nicht mehr das Maß der Dinge in der medialen Kunst darstellen.
Besondere Erwähnung III: Luis Ake
„Ich bin doch keine Maschine“, jammerte einst Tim Bendzko – und auch ich, dein freundlicher Erzähler beziehungsweise Kolumnist hier, kann mich da nur anschließen. In meiner letzten Ausgabe der Popwoche habe ich hochverdichtete Newcomer aus dem Jahre 2021 vorgestellt. Dabei sein sollte auch Luis Ake. Aus technischen Gründen – wann werde ich endlich von einem Roboter ersetzt? – kam es leider nicht dazu.
Zum guten Schluss sei dies daher hier nun nachgeholt.
Ich küsse eure Schaltkreise, das war es für dieses Mal!
Luis Ake
WOHER Stuttgart
WAS KÖNNTE DAS SEIN? Verspielter NDW-Pop mit einer stilsicheren Inszenierung von pervertiertem Kitsch.
SCHÖN ZU WISSEN Produziert wurden die Songs der Platte „Liebe“ von Konrad Betcher, der u.a. auch für Dagobert tätig ist.
WAS WÜRDEST DU GERN ÜBER DEINE MUSIK LESEN? „Luis Ake hat uns als Wissenschaftler der Herzen die romantische Liebe erklärbar gemacht und beweist mit seiner Natur das Popmusik eine Kunstform ist, bei der es nicht ausschließlich um Musik geht.“
WAS DAGEGEN BITTE NICHT? „Luis Ake zitiert sich selbst: Seine Veröffentlichungen klingen im Stil identisch und folgen einem immer gleichen Schema. Er ist zu einem weiteren Sklaven des Algorithmus geworden.“
LINK luisakemusic.com/
HÖR DOCH MAL Luis Ake „Umweg“
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