ROCK AROUND THE COCK


Mi ilhonen von Fernsehzuschauern in ganz Europa trauten ihren Augen nicht. Da tummelten sich doch vier junge Herren splitteriasernackt auf der Bühne, wobei lediglich ein strategisch besonders wichtiger Körperteil in jeweils eine bunte Socke gehüllt war; auf anschauliche Weise demonstrierten die RED HOT CHILI PEPPERS bei der sommerlichen Rockpalast-Übertragung von der Loreley die Bedeutung ihres Mottos „Rock out with your cock out!“

S2enen eines Interviews: Rhythmische Schlachtrufe und derbe Gesänge schallen durchs Cafe, in dem sich sonst nur ruhebedürftige Senioren von den Strapazen der Gesundheitspflege erholen – Panik im Kurhotel! Als sich die vier aufgekratzten Sangeskünstler dann auch noch mit ganz und gar nicht kurgemäßen Klängen an der Hammondorgel des abendlichen Alleinunterhalters zu scharfen machen, schreitet die verschreckte Kellnerin endgültig ein.

Mit den Peppers in kompletter Quartettbesetzung ein ernsthaftes Gespräch zu führen, ist – jedenfalls, solange ein Tonbandgerät oder eine Kamera in Sicht ist – ein Ding der Unmöglichkeit. Jeder versucht, den anderen mit noch lautstärkeren Angebereien und Schlüpfrigkeiten zu übertönen.

Am hemmungslosesten tönt Anthony Kiedis, denn schließlich ist er Sänger/Rapper der Band und somit Frontman:“.Am Anfang der Gruppe standen vor allem mein außergewöhnliches Talent in allen Bereichen der Musik und mein umfassendes Wissen über alle Literaturzweige, von Plato bis Machiavelli.“ Und

damit keine Mißverständnisse aufkommen, fügt Bassist Flea hinzu:

„Wir sind außerdem die bescheidenste Band, die je gelebt hat.“

“ Um endlich mal von diesen ganzen nüchternen Fakten wegzukommen“, erzählt Flea später von der neuen Peppers-LP FREAKY STYLEY. „Sie könnte die stärkste, monumentalste, seelenvollste, passionierteste und witzigste Platte sein, die jemals in der Geschichte der Menschheit aufgenommen wurde. „

Und in der Tat, die mittlerweile zweite Langrille des flotten Vierers aus Los Angeles kann sich hören lassen und wurde prompt im „MÜV“ zur „Platte des Monats“ gekürt. Aus den unterschiedlichsten Quellen („Jimi Hendrix, Sly Stone, The Meters, James Brown, Miles Davis, Mama Cass…“) kreierten sie eine wilde Mischung aus Punk und Funk, Rap und Rock.

Bei den Aufnahmen stand ihnen der Detroiter Funk-Papst George Clinton (45) zur Seite, den die Peppers mitten in einem Fernsehinterview umzingelt und für den Produzenten-Job gewonnen hatten. „Diese Knaben haben mich in drei Tagen 10, 15 Jahre jünger gemacht“.

meinte Clinton hinterher.

Von der Chaos-Combo, die für ihren allerersten Auftritt ein Repertoire von lediglich einem Song einstudiert hatte (für die zweite Show kam dann noch einer dazu), haben die Peppers in ihrer ’85er-Form einen gewaltigen Schritt nach vorn getan. Gesetzter sind sie jedoch nicht geworden: „Es gibt immer noch nichts, was wir aus Publizitätsgründen nicht tun würden.“ Dabei haben sie’s musikalisch gar nicht nötig…