Rockpalast-Festival, Loreley


Die Rote Karte für den Westdeutschen Rundfunk und die Redaktion des Rockpalasts. Der WDR als Ausrichter des Eurovisionsprogrammes tat alles, um den teilweise sogar aus dem benachbarten Ausland angereisten Journalisten das Leben schwer zu machen Obwohl vor der Bühne ein weites Areal, in dem die Kameramänner wirkten, auch Platz für die wenigen professionellen Fotografen geliefert hätte, stellten sich die Vertreter des Senders auf stur: kein Fotograf vor der Bühne mit Ausnahme des autorisierten Rockpalast-Fotografen Manfred Becker. Das ist eine unfaire Monopolisierung und grenzt schon an ein Arbeitsverbot. Das Fotografieren aus dem Publikum, vom WDR großzügig vorgeschlagen, ließ sich bei einem mit 22 000 Menschen überfüllten Rund kaum realisieren. Und selbst den Textjournalisten blieb nur der Blick auf den im Pressezelt installierten Fernsehmonitor Abgesehen von diesen Unzulänglichkeiten bot das August-Wochenende optimale Voraussetzungen für ein klassisches Open-air Sonne und Temperaturen über 30 Grad, ein wunderschönes Gelände inmitten der Natur, ein volles Haus, hungrige Fans. Und mit Dave Edmunds, U 2, den Stray Cats, Joe Cocker und (bedingt) Steve Miller ein Programm, das an musikalischer. Geschlossenheit in jüngster Zeit von keinem anderen Festival auf deutschem Boden übertroffen wurde.

Dave Edmunds machte den Anfang – und war wenig überzeugend. Vielleicht lag es an der Hitze und dem Vorfinden oben skizzierter Arbeitsbedingungen, daß Edmunds authentischer Rock ’n‘ Roll bei mir keinen Eindruck hinterließ. Lediglich Geraint Watkins‘ Akkordeon und kurz aufblitzende Cajun-Zitate blieben neben der aktuellen Single „Information“ im Ohr hängen.

Anders bei den Iren von U 2. Nach anfänglichen Schwierigkeiten technischer Natur hatte das Quartett um den charismatischen Offensiv-Mann und Sänger Bono das Publikum im Griff. Ihr explosiver Rock, nie aggressiv, aber voll positiver Power, hat starke Suggestionskraft. Songs wie „Surrender“, „Two Hearts Beat As One“ und „Seconds“ leben von einem trockenen Beat und Melodien voll ursprünglicher Schönheit. Kompositionen wie „New Years Day“ und „Sunday Bloody Sunday“ verraten zudem in Text und Attitüde verantwortungsvolle Männer, die die Hoffnung auf eine bessere Zukunft propagieren, ohne dabei gequält den Zeigefinger zu bemühen Die Stray Cats, New Yorker mit Rock ’n‘ Roll- und Rockabilly-Vorliebe, vertraten das pure Entertainment-Fach. Es war schon faszinierend, die stilecht gestylten Musiker arbeiten zu sehen, Standschlagzeug, Standbaß und überdimensionale Gitarre sind nicht nur Instrument, sondern auch Requisit für eine artistisch-witzige Bühnenshow, Mel Collins am Saxophon sorgte kurzzeitig für klangliche Abwechslung, und Produzent Dave Edmunds ließ es sich nicht nehmen, für einen kurzen Jam auf die Bühne zu kommen Hinterließ Joe Cockers Hallen-Comeback im vergangenen Jahr aufgrund seiner psychischen Angegriffenheit (ihm zuzuschauen stimmte traurig) zwiespältige Eindrücke, hatte man an diesem Abend das Gefühl, einem wiedergeborenen Cocker zu begegnen. Für viele im Theater und an den Bildschirmen der Höhepunkt des Programmes, interpretierte der Ausnahme-Sänger seine Hits „Feeling Alright“, „With A Little Help From My Fnends“, „The Letter“, „You Are So Beautiful“ (fantastisch!) und „I Heard It Through The Grapevine“ vital und überzeugend.

Da hatte Profi-Hit-Lieferant Steve Miller trotz seiner in Szene gesetzten Superseller „Abracadabra“, „Liviri In The USA“ und „Fly Like An Eagle“ im direkten Vergleich einen schweren Stand. Er wirkte mit seiner aufgesetzten Las Vegas-Shownummer bei aller unbestreitbaren‘ Musikalität wie ein Fremdkörper in diesem bodenständigen Programm. Von Natur aus kein geborener Showman, sah er in seinen schwarzen Hosen und seinem weißen Jakkett wie ein Oberkellner aus, der sich auf eine Rockbühne verirrt hat.

Und mit dem symbolischen Firlefanz, mit dem er das Publikum zu überraschen versuchte, gab er lediglich Wunschdenken preis: Da stand zunächst ein Käfig auf der Bühne, darin eine einsame Gitarre. Elfi Tusch, ein Tuch, ein Zauberer prompt stand Herr Miller mit Gitarre hinter Gittern. Später am Abend wurde der Käfig gar noch ein zweites Mal bemüht Herr Miller verschwand hinter den Stäben und „verwandelte“ sich. Tuch drüber, in einen bengalischen Tiger Und für diesen Minispot stand das arme Vieh den ganzen Tag in der Sonne.

Ein echter Knaller war dann noch das Finale: Der WDR brannte ein Feuerwerk ab, mit dem sich sogar der Bundeskanzler bei seinem jährlichen Gartenfest hätte schmücken können.