Roskilde 2012 – Tag 3: Sax & Brass & Rock ’n‘ Roll


Ob wir es wollen oder nicht – das Saxophon ist zurück. Am dritten Festivaltag schob sich das 80er-Jahre-Relikt deutlich in den Vordergrund. Auf den Bühnen in Roskilde standen unter anderem Bon Iver, M83 und The Roots

Mehr HipHop wollten die Veranstalter des Roskilde-Festivals in diesem Jahr anbieten –  was gestern auch den wenigen Gästen klar werden sollte, die sich nicht bereits vor dem Festival intensiv mit dem Line-Up beschäftigt hatten. Denn am dritten Roskilde-Tag wurde die Hauptbühne von „The Roots“ eröffnet. Schnell spielten sich die Herren aus Philadelphia in die Herzen der etwa 25.000 Zuschauer. Sogar der sichtbar Metal-affine, und also schon aufgrund seiner Sozialisation um Grimmigkeit bemühte Sicherheitsbeauftragte auf der Bühne wurde zwischenzeitlich von einem breiten Grinsen übermannt. Den Grund dafür lieferte Gitarrist „Captain“ Kirk Douglas, als er während einer halbstündigen Phase munteren Genrehoppings plötzlich „Sweet Child Of Mine“ von Guns N’ Roses anstimmte.

Das gesamte Roots-Set dominierte der bassige Sound der überdimensionalen Tuba und das einfallsreiche wie einfühlsame Drumming des Roots-Mitbegründers Ahmir „Questlove“ Thompson. Das Roskilde-Publikum trieb aber zunehmend auch oben genannten Gitarristen in Sing- und Spiellaune, was der mit virtuosen Solos dankte. Am Ende konnten sich sogar Bruce-Springsteen-Fans auf diese Form von HipHop-Musik einigen und klopften mit  ihrem Applaus konkludent auch den Bookern und Planern des Roskilde auf die Schulter.

Am frühen Abend wurde dann, nach Refused- und Cold-Specs-Intermezzo, von der Tuba auf das Saxofon gewechselt. Über das Saxophonsolo bei „Midnight City“ von M83 haben unsere Lieblingsradiomoderatoren bereits alles Wichtige gesagt. Deshalb sei an dieser Stelle lediglich erwähnt, dass exakt zu dem Zeitpunkt, als man dachte, für melancholische Melodien sei kein Platz auf den großen Bühnen des diesjährigen Roskilde-Festivals, M83 die überfüllte „Arena“ genau damit in ihren Bann zog und ungebremste Zustimmung auslöste. Für den Nachfolgeact Bon Iver (mit mitgereistem Saxophonisten, versteht sich) war diese zweitgrößte Bühne ebenso deutlich zu klein. Diejenigen, die es unter das Zeltdach schafften, sangen mit, was die Lunge hergab. Bruce Spingsteen spielte parallel auf der Haupbühne – ein Highlight war dem Vernehmen nach neben dem Gastauftritt von „The Roots“ die emotionale Interaktion zwischen „The Boss“ Bruce Springsteen und dem Sohn des im letzten Jahr verstorbenen Bandmitglieds Clarence „The Big Man“ Clemons – Saxophonist, natürlich.