Roxette


Schwedens übergroße Hit-Abonnenten stehen vorm Wandel - Per Gessle und Marie Fredriksson schwören musikalisch auf Reife.

Im vergangenen fahr konnte sich Per Gessle selbst nicht mehr leiden. „Immer gab es die gleichen Bilder von mir, ob im Fernsehen oder in Magazinen. Ich war es einfach leid.“

Nun schaut er wieder gerne in den Spiegel. Und in die Kameras und präsentiert sich als smarter Anzugträger, der seinen krausen Pumuckel-Schopf gegen schulterlanges, glattes Haar eingetauscht hat.

Auch Sängerin Marie Fredriksson tritt neu gestylt vor die Kameras: Ihr Haar ist bis auf Streichholzlänge gestutzt. Sie trägt neuerdings bevorzugt Nadelstreifen-Anzüge. Und das ist mehr als nur die eine modische Laune. Vor den Kameras proben Marie und Per, beide Mitte 30, den Wandel vom Teenie- zum gereiften Pop-Act. Zur neuen Collection aus dem Hause Roxette ge-hört selbst-verständlich auch die CD „Crash! Boom! Bang!“, von etlichen Kritikern schon jetzt ironisch in „Cash! (Boom! Bang!“) umgetauft. Mit der neuen legen sich die Joyrider kräftig in die Kurve, um neben jungen Käufern nun endlich auch erwachsenere Hörer mit auf die Reise zu nehmen. Es gilt immerhin, den eigenen Rekord zu überbieten: Neun Millionen Exemplare verkauften Roxette allein vom letzten Album „Joyride“, davon zwei Millionen allein in Deutschland.

Das Image des unbedarften „Teenie-Acts“ will Per Gessle nicht akzeptieren. „Manche unserer Fans sind 50 Jahre alt. Wir erreichen mit unserer Musik auch Leute, die auf Phil Collins oder Tina Turner stehen.“ Anderer-seits outet sich Gessle, der fast alle Songs für Roxette komponiert hat, gern als „einen der ältesten Teenager der Welt“ und gibt unumwunden zu: „Am liebsten wäre ich immer noch 18 Jahre jung.“ Nun ist der Mann aber 35 Jahre alt und steht vor der Frage, wie er weiterhin Songs über die erste große Liebe und Liebeskummer schreiben kann, ohne sich selbst und sein Alter zu verleugnen. Zur Hilfe kommt ihm dabei sein ausgeprägter Geschäftssinn. Denn: Per Gessle liebt das Business ebenso wie die Musik. Er liest regelmäßig das amerikanische Branchenblatt „Billboard“, schaut „MTV“ und denkt immerfort an die Kundschaft. „Manchmal haben wir zu viele Balladen für ein Album, dann brauchen wir ein paar leichtere Stücke; man muß die eigene Musik ja auch mit den Ohren der Käufer hören.“

Gegen Per wirkt Marie scheu und asketisch. Sie ist der ernste Typ. Das Lachen fällt ihr schwer. Während sie auf eigenen Solo-Alben ihre melancholische Seele entblößt, spielt sie bei Roxette die agile Frontfrau, die in enge Latexhosen schlüpft und auf Lady Domina macht. Seit dem großen Durchbruch mit dem Album „Neverending Love“ (1986) pendelt das Duo aus der schwedischen Provinz zwischen Teenager- und Erwachsenenwelt, mit hohem Wiedererkennungswert für jede Familie. Auch „Crash! Boom! Bang!“ enthält wieder viele kleine Liebesgeschichten und süße Lügen.