Roxy Music: Roxy Music
61
Schon die Partygeräusche, das Gläserklirren zu Beginn verheißen eine neue Epoche der Rockmusik: „Re-Make/Re-Model It“ heißt der Song „If There Is Something“ das „Vater Unser“ der popökumenischen Liturgie: Wenn es doch nur etwas gäbe außer mittelmäßigem Langweiler-Jazzrock und mit lauwarmer Luft aufgeblasenem Bombastkitsch – innovativ wie Velvet Underground und MC5. Eine in höchsten Tönen fidelnde Sologitarre von Phil Manzanera, Rockabilly-Riffs und das im Barjazz schwelgende Saxophon von Andy Mackay liefern den Soundtrack zu einer provozierenden Party: Auf dem Umschlag räkelt sich laszig ein Henna-gefärbter Vamp, im Innencover posieren Brian Eno und Brian Ferry im Pelzjäckchen; der sonnenbebrille Phil Manzanera scheint gerade von seiner Harley geklettert zu sein, und Mackay stützt sein Kinn auf die Hand wie weiland Walther von der Vogelweide. Überall Zitate. Posen, abgekupferte Haltungen und Klischees, verbunden zu einer betörenden Melange, ohne die New Wave, Neo-Romantics bis hin zu Chris Isaac undenkbar wären. Roxy Music machten als erste Band der Pop-Geschichte Musik aus dem Copy-Shop – Xerox als Gesamtkunstwerk.
Viel zu spät, zögerlich, dazu irritiert durch all die Kreuz- und Querverweise, erkennt die Musikwelt die musikalische Potenz der Band: Ferry als Person wird zunächst als „David Bowie für Arme“ geschmäht, während sich konservative Gralshüter der Rockmusik besonders über Brian Enos Tastensound und Ferrys genialisches Gequengel hermachen. Und doch war nichts mehr so wie vor diesem Debüt mit dem Paukenschlag – wie alles in der noch lange währenden Karriere der Roxy Music bereits hier vorgeprägt wurde.
Brian Eno, schon damals um ein ungebrochenes Avantgarde-Image bemüht, ahnte das wohl – und verließ die Band kurz nach den Aufnahmen zum zweiten Album. Zu recht – es blieb, wie alle anderen, ein bloßer Abklatsch des Debüts.