Ryder On The Storm
Sein exzessiver Lebensstil bringt den Briten Shaun Ryder immer wieder in die Schlagzeilen - früher als Happy Monday, heute als Black Grape
Hast Du eigentlich schon einmal ans Aufhören gedacht?
Klar! Ich bin jetzt 35, und es ist nicht mehr so wie vor 15 Jahren. Du weißt schon: jeden Abend stoned, Groupies bumsen und so. Heute lebe ich in Irland mit meiner Frau und den Kindern und muß wirklich nicht mehr ständig auf Tour sein. Aber ich liebe Musik. Auch wenn ich damit nichts verdienen würde, würde ich zu Hause sitzen und mit dem Keyboard und dem Sampler rumspielen.
Aber Deine Musik hat sich über die Jahre nicht großartig verändert.
Musikalisch bin ich immer noch fünfzehn. Ich denke auch oft an die Zeit, 1981 in Manchester, als wir in einem Haus mit James und Simply Red geprobt haben. Ein Haufen Minderjähriger, und keiner konnte ein Instrument spielen. Eigentlich lebt so ein Projekt maximal zwei Jahre. Aber bei uns wurden über zehn Jahre daraus. Darauf bin ich schon ziemlich stolz.
Eure neue Platte beginnt mit „Get Higher“, einem Stück, Indem sich Nancy und Ronald Reagan über das Kiffen unterhalten.
Ich erzähl Dir wie das zustande kam: Wir hatten dieses Stück ohne Titel und ohne Text. An dem Tag, an dem wir es aufnahmen, waren wir im Studio im Internet unterwegs. Und da war eine Verarschung von Ronald und Nancy. Das klang gut zu unserem Song, aber sie hätten sich auch über den Preis von Gurken unterhalten können. Das Ganze soll kein Statement sein. Ich bin kein Politiker. Ich bin ein Entertainer.
Aber die Verbindung zu Drogen kommt bei Dir doch nicht von ungefähr.
Drogen und ich werden immer zusammengehören. Drogen können ein Leben ruinieren. Aber wenn du ein Künstler bist und etwas Kreatives machst, können Drogen auch hilfreich sein. Sie können deine Wahrnehmung erweitern und dich auf ganz neue Ideen bringen.
Und wie verhalt es sich mit Drogen und Familie? Fuhrst Du zwei voneinander getrennte Leben?
Na ja, ich habe meine Kinder auch schon mit auf Tour genommen. Ich denke, die Kinder, die immer von allem ferngehalten werden, sind die, die als erste Probleme bekommen. Hoffentlich haben meine etwas von mir mitbekommen. Ich habe es
noch immer geschafft rauszukommen, wenn es zu hart wurde.
Macht Dir Provokation Spaß?
Ich mache das nicht absichtlich – wenn es das ist, was Du meinst. Ich bin einfach so, wie ich bin. Und das provoziert die Leute. Aber ich denke, das ist natürlich. Jeder sollte so sein wie er ist.
Und Du bist ein Punk.
Oh ja. Das ungezogene Kind, das bin ich.
Denkst Du manchmal an die Zukunft?
Bislang habe ich nie weiter als eine Woche in die Zukunft gedacht. Aber jetzt. Ich bin 35. Und ich glaube, daß ich mit 40 nicht mehr touren möchte. Aber einzelne Konzerte… ich meine B.B. King, David Bowie, die Stones, das ist schon okay.
Nimmst Du Dir jetzt, nach der Plattenaufnahme, frei? Oder geht’s gleich weiter?
Als nächstes spiele ich eine Rolle in einem Film mit Harvey Keitel. Ich kriege viele Filmangebote. Aber meistens soll ich Drogendealer oder Autodiebe spielen, und das ist mir zu blöd. Aber eine Story ist interessant. Sie spielt im 18. Jahrhundert, und ich bin ein Liedermacher, der singt, während andere Leute aufgehängt werden.