„Safe“ auf Netflix: „Dexter“ sucht jetzt vermisste Teenager
„Who did it?“-Thriller, der zwischendurch eine schwarze Komödie sein will: In Harlan Cobens „Safe“ spielt Michael C. Hall einen Witwer, dessen Tochter verschwunden ist – und der auf Geheimnisse in seinem eigenen Umfeld stößt.
Die gute Nachricht: Endlich könnt Ihr Michael C. Hall wieder bingewatchen. Auf Netflix ist seit dem 10. Mai 2018 die erste Staffel „Safe“ zu sehen, in der der als mordender „Dexter“ und als Bestattersohn in „Six Feet Under“ weltbekannt gewordene Schauspieler die Hauptrolle spielt. Die schlechte Nachricht: Was Spannung und Logik angeht, ist der Thriller-Versuch „Safe“ näher an den schwachen „Dexter“-Staffeln 6-8 als an den starken Staffeln 1-5 dran.
Der britische Kinderchirurg Tom Delaney (Michael C. Hall) ist alleinerziehender Vater zweier Töchter, seitdem seine Frau vor zwei Jahren an Krebs starb. Eines Abends kehrt seine ältere, 16-jährige Tochter Jenny nicht von einer Party zurück. Sie und ihr 19-jähriger Freund Chris werden seitdem vermisst. Die Zuschauer erfahren schon in Folge 1, was die Protagonisten im weiteren Verlauf herausfinden müssen: Chris wurde nach der Party tot im Pool gefunden. Der Vater der Gastgeberin will dessen Leiche verschwinden lassen, weil er Reputation und Ruf in Gefahr sieht.Während die Polizei nach den verschwundenen Kindern sucht, stößt Delaney mithilfe seines Freundes und Kollegen Dr. Pete Mayfield (Marc Warren) selbst auf Mysteriöses und Ungereimtheiten: Überwachungskameras zeigen etwa, dass Jenny nach der Party noch durchs Viertel lief. Nach zwei Tagen Suche taucht auf Chris‘ Facebook-Account ein Foto auf, das ihn und Jenny glücklich und wohlauf zeigt. Das Oberteil aber, das seine Tochter darauf trägt, findet Delaney in ihrem Schrank. Und dann ist da noch der Kerl, der auf der Party Drogen verkaufte und aus unbekannten Gründen Delaneys Frau kannte. Die zentrale und auch nach Auffindung von Chris‘ Leiche wiederkehrende Frage lautet: Was geschah und geschieht wirklich?
„Safe“ kann oder will sich nicht für ein Genre entscheiden
Krimiautor und Serienerfinder Harland Coben versucht die französisch-amerikanisch-britische Koproduktion „Safe“ nach einem eigentlich todsicheren Rezept für Spannung aufzubauen. Von der Polizistin über ihren Ex, vom Freund der Familie bis eventuell gar zum Vater selbst: Alle haben etwas zu verbergen, alle hängen irgendwie mit drin. Diese Plottwists führen zwar einerseits zu regelmäßigen Verwunderungen und Überraschungen für die Zuschauer, andererseits aber ist die Hälfte von ihnen viel zu erwartbar und teilweise hanebüchen geraten: Warum zum Beispiel orten sie nicht einfach Chris‘ Handy, von dem gerade dieses Bild gepostet wurde?
Darüber hinaus kann sich „Safe“ nicht für ein Genre entscheiden: Im Kern ist die Geschichte zwar ein lupenreiner Thriller mit Familiendrama-Elementen. Der Side-Plot um die Familie Marshall aber, die (erschwert durch ihre strotzende Dummheit und ihren Stolz) leidlich versucht, einen Tod auf ihrem Grundstück zu vertuschen, changiert zwischen schwarzer Komödie und unfreiwilliger Komik und ist deshalb genau so ein Fremdkörper wie die Leiche in ihrem Haus. Spannend genug, um „Safe“ bis zum Schluss zu gucken, ist der Fall trotzdem. Auch wegen der Flashbacks, die Halls Figur heimsuchen.So viel sei übrigens ohne Spoiler verraten: „Safe“ ist eine nach acht Folgen abgeschlossene Geschichte, deren wichtigste Fragen am Ende beantwortet werden. Einen Cliffhanger gibt es nicht, Pläne für eine 2. Staffel bisher deshalb ebenso wenig.
„Safe“, 1. Staffel, seit 10. Mai 2018 auf Netflix im Stream verfügbar