Saxon – Hamburg, Musikhalle
Im Laufe der aktuellen Judas Priest-Toumee stellte sich heraus, daß die Vorgruppe Saxon weit mehr Popularität besitzt, als von allen Beteiligten erwartet wurde. Da sich Priest nicht von einem Supporting-Act die Show stehlen lassen wollten, wurde Saxon kurzerhand zu einem „gleichberechtigten“ Headliner erhoben, allerdings mit gewissen Auflagen. So mußte sich die Gruppe mit der Hälfte der Bühne begnügen, es dürfte nur eine bestimmte Anzahl von Spots verwendet werden und eine Spielzeit von einer Dreiviertelstunde plus einer Zugabe nicht überschritten werden.
Aber all diese Einschränkungen kamen der Band eigentlich nur zu Gute, sie räumte gewaltig ab in der altehrwürdigen Musikhalle. Da sich alles auf der vorderen Bühnenhälfte zusammendrängte, machten die fünf Engländer einen sehr geschlossenen Eindruck. Außerdem war so natürlich eine ideale Basis für guten Kontakt mit dem Publikum geschaffen, die Musiker bemühten sich auch dementsprechend stark um die Kids. Besonders Sänger Peter „Biff“ Byford war ständig dabei, die ohnehin schon tobende Menge zum Mitsingen zu animieren. Ich war wirklich überrascht, wie viele in der Halle die Texte auswendig kannten!
Bio ist übrigens ein Frontman, wie ihn sich eine HM-Band sich wünsehen kann: groß, langmähnig, gutaussehend und vor allem ausgesprochen selbstbewußt. Saxon hat – wie viele neue HM-Gruppen – über zwei Leadgitarristen, Paul Quinn, mit Baseballmütze, und Graham Oliver, der aufgrund des Verlustes eines Fingers eine eigenartige Grifftechnik entwickelt hat. Bassist Steve Dawson sieht mit Stirnglatze und Oberlippenbart aus wie ein Officer des New Yorker Police-Departments und Peter Gill, ein erfahrener Studio-Drummer, bewies auch auf der Bühne erhebliches Können. Wahrscheinlich war die begrenzte Spielzeit ebenfalls vorteilhaft für Saxon. Das Songmaterialist zwar durchweg gut – es wurden nur Stücke des zweiten und dritten Albums gebracht – aber nur wenig abwechslungsreich (mit Ausnahme des hervorragenden „747“). Die Band spielte den gesamten Gig hindurch ‚full speed‘, feine Unterschiede/Details gingen bei der wie immer viel zu großen Lautstärke und dem dazu noch schlecht ausgesteuerten Sound ohnehin unter. Ich vermute, daß das Judas Priest-Management da seine Finger im Spiel hatte, denn obwohl Priest noch lauter waren, war deren Klangqualität bedeutend besser. Aber egal Saxon bewiesen jedenfalls, daß es auch unter schlechten technischen Voraussetzungen durchaus möglich ist, ein mitreißendes Konzert zu geben.