Schaff dich, Bruder!


In Deutschland nicht gebrauchte Euros bitte an Josef Winkler überweisen. Danke.

Oh nein! Jetzt findet der Sarrazin auch noch den Euro blöd! Wo’s dem doch eh schon so schlecht geht. Also: Dem Euro. Dem Sarrazin geht’s wohl eher top (soweit es einem als populistische Hetznudel top gehen kann, das ist ja auch alles immer so eine Sache von Vibes und Karma etc., aber das führt jetzt hier zu weit), materiell zumindest, was nicht zuletzt daran liegt – und hier wird’s ein bisschen paradox – dass Deutschland ihm zuletzt ganz viele Euro in den Hals hineingestopft hat, woraus der Sarrazin offenbar geschlossen hat, dass Deutschland den Euro eh nicht braucht, wenn es so bereitwillig Millionen davon für ein fieses kleines Buch raushaut, und dann noch der Eintritt für den wohlintegrierten und garantiert kopftuchfreien Lese-Abend … Und da wird der Sarrazin sich gedacht haben: „Hey, wenn ich den Euro schon so blöd finde – außer eben den paar Millionen von den Schnuckis in meinem Geldspeicher, die ich ja ganz doll lieb hab – und mir ein paar steile Begründungen dafür aus der Nebenhöhle schnauben kann, warum sülz‘ ich dann nicht wieder ein paar Hundert Seiten hirnermattendes Wichtigtuerzeugs dazu, klatsch‘ ein paar ordentlich „kontroverse“ Knaller dazwischen, spritz‘ den ganzen Baatz in ein Buch hinein und lass mich mal wieder eine Saison lang durchs Dorf treiben als Provokationsmastsau vom Dienst? Vielleicht kommt ja sogar Charlotte Roche noch pünktlich zum Sommergeschäft mit einem neuen Spitzenroman um die Ecke und tritt gegen mich an zum Schweinsgalopp! Die Talkshowtypen würden sich REINlegen! Und dann werden wir schon sehen, wer den Euro braucht und wer nicht und wer ihn am allerbesten brauchen kann.“

Egal, vielleicht war’s auch ganz anders, aber: Geht jetzt die ganze Arie mit dem Typ wieder von vorne los? Monatelang die selbstgefällig angepisste Schnauzbartschnute an jeder Milchkanne, mümmel-mümmel, „Man wird doch wohl noch sagen dürfen“, mäh-mäh, und „endlich sagt’s mal einer“ und „dass der das sagen darf?“ und „Sie dürfen meine kreuzbescheuerten Thesen fei nur kritisieren, wenn Sie das ganze Buch gelesen haben – macht 29,95 Ocken und eine Woche Ihrer Lebenszeit, aber die ist eh überbewertet, DanKE!“ Seufz.

Jetzt ist die Frage: Wird das Buch NOCH erfolgreicher werden als „Deutschland schafft sich ab“? Und was kommt als Nächstes dran? Ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich der Wüterich mal den Popbereich vornimmt? Da kann man jetzt schon die Ohren anlegen. Coming soon: „Ein Deutscher braucht keinen R’n’B“. Dieses Gejaule und die ganzen gewaltbereiten Neger! Und „Der Rock schafft sich ab“, mit diesem gequirlten Crossover-Zeugs! Und nichts darf man sagen dagegen, wegen der politisch korrekten Nazi-Knute! Was? Da könnte man doch mal ordentlich reinpolarisieren, eine schweigende Mehrheit von Molly-Hatchet-Fans und Schlagerfreunden wartet sicher nur drauf, dass einer für sie die Klappe aufreißt und den Bullshit einfach mal ausspricht. Ja, und man wird’s doch wohl noch sagen dürfen? Etc.

Aber ach. Lassen wir die traurigen Hanswürste und wenden uns den wirklich traurigen Dingen zu. Während ich dies schreibe, könnte man hier in München den Eindruck gewinnen, ein verlorener Champions-League-Titel wäre tatsächlich mehr Tränen wert als die Tatsache, dass am gleichen Wochenende auch Robin Gibb gestorben ist, nach jahrelangem Krebs. Ja, das war schon schlimm, ich hätt‘ auch fast mitgeheult, wie der Schweinsteiger da so kniete mit dem Trikot überm Kopf. Aber man höre sich mal den Refrain von „Lamplight“ an, und dann reden wir noch mal drüber, wie viele Pokale ein Fußballverein gewinnen müsste, bis so eine Großartigkeit erreicht ist. Und, ganz richtig: Man kann das null vergleichen, drum mach‘ ich jetzt, bevor wir sarrazinesk in den Schmarrn hineinkommen: Schluss.