Schlicht verpackt und doch erfolgreich


Seit fünf Jahren machen Simon und Garfunkel gemeinsam Musik. Und seit ihrem Auftauchen 1965 sind sie Amerikas erfolgreichstes Pop-Pärchen. Wie aktuell sie im Augenblick sind beweist die Zwischenbilanz ihrer neuen Langspielplatte ,,Bridge Over Troubled Water.“

In den ersten neun Tagen nach der Veröffentlichung wurden in Amerika 1,2 Millionen Alben davon verkauft. Die Titelmelodie, ein moderner Gospelsong, übersprang in einer Woche 50 Plätze der Hitliste. „The Box“, ein anderer Titel der LP, war schon an der Spitze der US-Schlagerparade. Außerdem wurde in England innerhalb einer Woche 100 000 Langspielplatten verkauft. Titelsong und „The Box“ wurden auch in London als Hits notiert. Paul Simon und Arthur Garfunkel produzierten ihre elf neuen Titel mit einem kleinen Team: Fred Carter jr. Gitarre), Hai Blaine (Schlagzeug), Joe Osborn (Bass), Larry Knechtel (Klavier), Jimmij Haskell und Ernie Freeman (Geige).

Einmal wird das Ensemble allerdings durch Los Incas komplettiert. Acht Songs schrieb Simon für diese Produktion 1969, zwei fielen ihm erst 1970 ein: „Keep The Customer Satisfield“ und „Sons For The Asking“. Ein Titel ist schon 13 Jahre alt: „Bye Bye Loce“. Simon und Garfunkel kommen von der Folklore, das wurde schon bei ihrem ersten Hit vor fünf Jahren deutlich: „Sound Of Silence“ war eine romantische Melodie, die sich gegen Beat und Rock durchsetzte und sechs Wochen lang Platz eins der US-Chart blockierte. Ihre Herkunft leugnen beide auch heute noch nicht, ihre Titel sind melodisch geblieben, ihre Texte anspruchsvoll, ihre Arrangements einfach, aber raffiniert.

Simon & Garfunkel, US-Spitzenduo, haben eine neue Langspielplatte. Sie wurde innerhalb weniger Tage in Amerika 1,2 Millionen mal, in England 100 000 mal verkauft. Jetzt kommt die Scheibe endlich nach Deutschland: „Bridge Over Troubled Water“.

„Bridge Over Troubled Water“ wird langsam von Klavier, Orchester und zarten Gitarren begleitet. Das Klavier ist um eine Idee verstimmt und scheint in einer Kapelle zu klingen, in die auch der orchestrale Schluss passt. Textfetzen:

„Ich bin bei Dir, wenn du es schwer hast und sich keine Freunde finden. Wie eine Brücke über einem Wildwasser werde ich mich hinlegen…

,,EI Condor Pasa“ geht Freunden südamerikanischer Folklore nicht mehr aus dem Ohr. Los Incas geben dieser Melodie den lateinischen Touch. „Cecilia“, die Story vom weggelaufenen Mädchen das zurückkommt, wird näselnd gesungen. Die Gitarren pointieren den Rhythmus, dazu wird gestampft, geklatscht, geklappert und geflötet. „Keep The Customer Satisfied“ klingt wie eine Fortsetzung von Cecilia, ist aber keine. Die Nummer ist schnell, steigert sich extrem und hat zu Schluss Bigbandbläser. Das gab es nicht einmal bei den Beatles.

„So Long, Frank Lloyd Wright“ ist die wehmütige Erinnerung an einen guten Freund mit jazzigen Flöten.

„The Boxer“, ist die letzte Single des Paares und besonders deutlich von Folklore beeinflusst. „Baby Driver“ entwickelt sich von Country-Song mit Nashville-Gitarren zum besten Rock’n Roll mit Saxophon-Solo, Motorradgeräuschen. Im Text wird ein Rocker besungen.

„The Only Living Boy in New York“ erinnert mit hartem Schlagzeug Gitarren und Chor an das ,,Lucy In The Sky“ der Beatles. „Why Don’t You Write Me“ ist wieder ein Rock und der härteste Titel der Platte. Es klingt witzig, wenn der tiefe Bass wiederholt: „Why don’t you write“.

„Bye Bye Love“ ist von Feüce und Boudleaux geschrieben. Der Text ist zynisch: „Auf Wiedersehen Liebe, auf Wiedersehen Glück, Hallo Einsamkeit… Jetzt weiß ich endlich, warum ich mich so frei fühle, mein „loving Baby“ hat mich verlassen …“ Alles wird mit Fan-Geschrei garniert. „Song For Asking“ steht schließlich melancholisch und Bratschen besetzt gegen die Schreie.

Für diese wohl bisher beste S&G-Produktion beschränkte Arthur Garfunkel sich aufs Singen, Paul Simon spielt außerdem noch Gitarre. Simon, Motor des Duos — er ist Komponist, Texter, Produzent, Musiker und Sänger erklärte, warum das neue Simon & Garfunkel-Programm so wichtig und interessant ist. Diesmal sind seine Titel nicht im Hush-Rausch enstanden.

Simon: „Ich habe früher Hush geraucht, weil ich glaubte, so besser schreiben zu können. Aber dann kommt plötzlich das Stadium, wo man fühlt, dass man das ja gar nicht nötig hat. Heute bringe ich viel mehr zustande als unter Pot-Einfluss. Ich bin heute beständiger, eins allerdings muss Simon nach seinem freiwilligen Hush-Stop verzichten: „Ich kann nicht mehr so hysterisch lachen wie unter Pot.“ Simon & Garfunkel haben ihre Erfolgsscheibe ausgeglichener, produktiver…“ Auf schlicht verpackt: ohne Poster, ohne Klapptasche, ohne Luxus, ohne grelle Farben.

Verschwommen erkennt man auf dem Titel Simon, mit kariertem Schal und offenem Hemd hinter einem Blauschleicher. Halbverdeckt von ihm: Arthur Garfunkel!