Kolumne 1: Schnipo Schranke fragen sich, welche Pflichten Künstler gegenüber der Menschheit haben
Bei unserer ME-Klubtour in Köln könnt Ihr am 15. September Schnipo Schranke live erleben. Seit 2017 haben Fritzi und Daniela im ME ihre eigene Kolumne. Die zweiteilige Kolumne aus unserer ME-August- und Septemberausgabe 2018 gibt es jetzt hier in voller Länge – und Tickets für die Klubtour kriegt Ihr hier natürlich auch!
„Flatrate an der Cocktailbar, oh wie schön ist Panama“ – jeder, der schon mal auf einem Festival mit einem warmen Gin Tonic in der Hand den Schnipo-Schranke-Hit „Cluburlaub“ mitgegrölt hat, weiß: Daniela Reis und Friederike Ernst haben’s einfach drauf. Die beiden Hamburgerinnen sind nicht nur begnadete Songwriterinnen, sondern haben sich mit ihren schnodderigen Texten, die manchmal schon hart an der Toleranzgrenze für Fäkalsprache kratzen, in unsere Herzen gespielt. Deshalb haben wir in der Redaktion mit unserem Heft-Relaunch 2017 beschlossen: Fritzi und Daniela müssen ihre eigene Kolumne haben.
Am 15. September spielen Schnipo Schranke neben Lea Porcelain und Flut in Köln auf unserer ME-Klubtour. Sollte Euch also beim Vorglühen der Gesprächsstoff ausgehen, bringt Euch die zweiteilige Kolumne aus unserer ME-August- und Septemberausgabe 2018 garantiert auf andere Gedanken – wahrscheinlich auf welche, von denen Ihr nicht mal wusstet, dass Ihr sie haben könntet. Hier der erste Teil, der zweite folgt in ein paar Tagen.SCHNIPO SCHRANKE: SIND VERPFLICHTET
(TEIL 1)
Fritzi: Gestern hab’ ich einen richtig dicken Joint gebaut. Ich hab’ einfach doppelt so viel rein gemacht wie sonst, wie du es mir ans Herz gelegt hast. Plötzlich hatte ich nur noch Blumenwiese im Kopf. Irgendwann dachte ich, ich könnte voll schlau sein, wenn ich mein Gehirn ein bisschen mehr anstrengen würde. Hat man als Mensch eigentlich die Pflicht, sich richtig doll anzustrengen, weil es ja sein könnte, dass man irgendetwas Positives zur Entwicklung der Menschheit beitragen kann? Klar könnte ich auch nur sieben Stunden knacken, aber darf ich zehn knacken, weil ich sonst voll müde bin? Wäre ich nicht produktiver, wenn ich früher aufstehe?
Daniela: Die Frage ist doch, wie du deine Pflichten definierst. Dass du ausschläfst, bedeutet nicht zwangsläufig einen Nachteil. Nur für den Großteil der Gesellschaft, das sagen die. Aber für uns besteht doch auch eine gewisse Vorbildfunktion darin, drauf zu scheißen und generell zu machen, was wir wollen.
Fritzi: Vielleicht kann ich etwas Positives beitragen, indem ich es einfach langsam angehen lasse. Das Leben.
Daniela: Eben. Wenn du nunmal die Beste darin bist, die Leute wachzurütteln mehr zu schlafen, dann ist das genau das, was du zur Entwicklung der Menschheit beiträgst.
Fritzi: Aber was wäre, wenn alle immer gesagt hätten: Och nö, das ist mir jetzt aber zu anstrengend, rauszugehen? Dann säßen die Menschen immer noch in der Höhle. Hat man denn nicht die Pflicht, so viel wie möglich aus sich rauszuholen?
Daniela: Ich bin der Meinung, dass es als Künstler deine Pflicht ist, sämtliche Höhen und Tiefen des Daseins zu durchwandern, um ein größtmögliches Bild zu bekommen. Ich glaube nicht, dass es dein Job ist, möglichst viel zu arbeiten, sondern auch unbeliebte Dinge wie Prokrastination möglichst gut zu beobachten.
Fritzi: In unserem Plattenvertrag steht übrigens, dass der Künstler sich verpflichtet, die Aufnahmen gewissenhaft und unter Einsatz seiner besten künstlerischen Fähigkeiten zu machen.
Daniela: Da steht auch drin, dass wir nicht über den Vertrag reden dürfen.
Fritzi: Ich frage mich einfach, ob man, nur weil man ein Mensch ist, genau so einen Vertrag mit der Welt hat?
Daniela: Nö. Also ich nicht. Oder doch! Für mich hab’ ich die Pflicht, keine Pflichten zu haben. Wenn ich nicht mein Ding machen würde, wäre das Leben für mich nicht zu ertragen.
Fritzi: Seit ich am ersten Schultag meinen Namen sagen musste, denke ich, es ist definitiv nicht mein Steckenpferd, vor und mit Leuten zu reden. Vielleicht sollte ich mich überwinden und viel mehr rausgehen, und vielleicht würde ich dann merken, dass ich voll gut im Reden bin, und dass Diskussionsrunden total mein Ding sind.
Daniela: Uns interessiert doch in erster Linie alle nur, was uns glücklich macht. Ich stehe oft früher auf, um zu arbeiten, aber das ist nicht meine Pflicht. Meistens rolle ich einen nach dem anderen, hänge meinen Gedanken nach, und mit ein bisschen Glück hab’ ich gegen Mittag eine entfernte Idee von einem Song. Ich glaube jedenfalls, dass es schwierig ist, an die Menschheit zu denken, wenn der Wecker klingelt. Da denke ich nur an mich selbst und daran, was ich tun kann, um meine Träume zu verwirklichen. Vielleicht hab’ ich die Pflicht, meine Rolle als Künstler zu erfüllen.Fritzi: Ich glaub’, ich hab’ einfach Komplexe, weil ich denke, dass ich als Künstler nichts beitragen kann. Manchmal hinterfrage ich diese Zunft.
Daniela: Kennst du denn gar keine Band, die du ganz toll findest, und bei der du weißt, dass deren Existenz einen Sinn hat? Schwärmst du für niemanden?
Fritzi: Nicht für Bands. Ich schwärme gerade für Schriftsteller oder Maler!
Daniela: Ach! Für wen denn?
Fritzi: Woah, da drüben brennt’s! Siehst du den Qualm? Da aus dem Fenster!
Daniela: Ja, tatsächlich! Ey, nicht dass wir die einzigen sind, die das sehen.
Fritzi: Aber da stehen alle Fenster offen, da muss doch jemand sein.
Daniela: Und wenn derjenige knackt?
(Fortsetzung folgt)
ME-Klubtour 2018 – die weiteren Termine im Überblick:
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