Schwer Gezeichnet
Ach, die Musik“, schwärmt die im Interview meist ruppig wirkende Exzentrikerin und bekommt dabei einen verklärten Gesichtsausdruck. „Es gibt nichts anderes, wofür ich sonst auf die Welt gekommen bin. Ich hatte immer Töne im Kopf, am liebsten würde ich den lieben langen Tag singen anstatt zu sprechen. Zu sagen gibt es eh nichts entscheidendes im Leben, aber Noten und Melodien, ja, die sind für die Ewigkeit. Sie sind mein einziger Trost in dieser Welt des Leids.“ Auf ihrem Erstlingswerk ‚This is Maria Glen‘ setzte die charismatische Diva ihre schmerzhaften Erfahrungen der Vergangenheit – sie war jahrelang drogenabhängig und stark suizidgefährdet – noch bevorzugt in zarten Balladen und Moll- geschwängerten Jazz- Standards um. Das dieser Wochen erschienene zweite Album ‚Love & Respect‘ ist durchgehend vom tod traurigen Blues durchtränkt. „Wer“, erklärt die 35jährige Sängerin, „ein Leben wie das meine geführt hat, der ist entweder tot – oder ein Star. Ich habe mich erstmal für zweiteres entschieden. Bis auf weiteres.“ Und krächzend fügt die ehemalige Bauarbeiterin hinzu: „Ich bin eben anders als die anderen, niemand klingt wie Maria Glen außer mir selbst. Und ich denke, wir kommen nach einem Jahrzehnt der musikalischen Langeweile und Gesichtslosigkeit langsam wieder in eine Phase, in der die Leute Musiker mit Charakter, Ausstrahlung und vor allem Talent sehen wollen. Nur so kann ich mir meinen immensen Erfolg erklären.“ Tatsache ist aber auch, daß Maria Glen offensichtlich nicht besonders gut mit ihrer neuen Rolle als führende Jazz- und Blues-Interpretin klarkommt. Nach wie vor lebt sie zusammen mit ihrer Lebensgefährtin – einem belgischen Model – in einer chaotischen Woh nung in Paris, nach wie vor ranken sich ganz schreckliche Gerüchte um ihren offensichtlich immer noch immensen Drogenkonsum, der angeblich auch vor Crack oder Heroin nicht haltmachen soll. Zum Interview mittags um zwölf erscheint sie schwerst verkatert, auf eher harmlose Fragen nach ihrer Vergangenheit will sie nicht eingehen, da „all diese Scheiß-Journalisten mit all ihren Lügen mir schon die Seele aus dem Leib geschrieben haben.“ Es ist schwierig, an dieses musikali-, sehe Genie heranzukommen zu viele Narben, die sich da 4 auf ihrer empfindsamen Seele im Laufe der viel zu langen, viel zu tragi sehen Jahre angesammelt haben.