Scorpions
„Schreib‘ aber auch, daß ich dir Batterien für den Recorder schenken mußte, damit ME/Sounds sein Blind Date bekommt“, verlangte Rudolf Schenker, noch bevor der erste Ton überhaupt erklungen war. Doch nicht nur er zeigte sich am Ende generös. Auch Klaus Meine war wie Rudolf bester Laune und trotz der Tour-Strapazen bereit, seine musikalischen Expertisen kostenlos zu geben…
Stranglers: „Skin Deep“
Rudolf: „Hört sich nach den alten Them an…“
Klaus: „Die Lynn-Drums sind wieder voll im Einsatz, das törnt mich überhaupt nicht an, ist zu technisch, so furchtbar technisch, da kommt kein Feeling mehr rüber. Achte nur mal auf den Sänger! Gerade dachte ich: ,Jetzt hebt er ab‘. Ist das etwa Lou Reed? Iggy Pop? Ach, die Stranglers.“
Rudolf: „Die haben doch früher ganz gute Stücke gebracht. Wir haben sie zu einer Zeit im Marquee-Club in London gesehen, als sie noch kein Arsch kannte. Damals haben sie gerade vor 20 Leuten gespielt, das Publikum ständig beschimpft und angespuckt. Und wir haben nur gedacht: ,Mensch, was soll das nur?‘ Sie haben grausam gespielt – und deshalb habe ich mich immer von dieser Band ferngehalten. Einige Zeit später waren sie dann auf einmal berühmt und haben Songs geschrieben, die ich persönlich nicht schlecht fand.“
Klaus: „Ich warte noch immer auf das Ende des Intros. Das ist zu kalt, so als ob die Band unter Entzugserscheinungen leidet. Das ist so auf Distanz gespielt, kommt nicht an mich heran. Auf Rummelplätzen beim Auto-Scooter-Fahren käme es wahrscheinlich besser an.“
Lords Of The New Church: „Method To my Madness“
Klaus (spontan): „Die Stimme erinnert mich sofort an Joe Elliot von Def Leppara (rätselt angestrengt).“
Rudolf: „Vielleicht die Stranglers oder The Damned?“
Klaus: „Für meinen Geschmack paßt diese Art von Musik am besten auf die Intensiv-Station eines Krankenhauses, zur Wiederbelebung.“ Rudolf: „Sagt mir überhaupt nichts, ist ganz und gar old-fashioned…“
Klaus: ….. und nicht besonders originell. Damit kann man vielleicht noch dem letzten Punker die Ratten ausm Ärmel locken, aber nicht mehr.“
Deep Purple: „Nobody’s Home“
Rudolf: (kommt wie aus der Pistole geschossen): „Das ist Purple, aber der schwächste Song von den vieren, die ich schon vorab gehört habe.“
Klaus: „So sind eigentlich die meisten Deep-Purple-Stücke – die Anfänge sind unheimlich vielversprechend…“ Rudolf: „…und dann verläuft sich’s irgendwie; es fehlt die durchgehende Hookline, wo man sagen kann: „Mensch, da geht jetzt aber die Sonne auf.“
Klaus: „Purple waren früher ja dafür bekannt, daß sie unheimlich viel Power besaßen, sehr viel Schärfe, gerade von lan Gillan, der in den höheren Lagen eine tierische Stimme hatte.
Und wenn ich heute Purple höre, dann erwarte ich sehr viel. Gut, der Sound ist noch immer typisch für sie, doch den Gesang hätte ich viel aggressiver gemacht. Der ist bei dieser Nummer einfach viel zu schlapp. Auf jeden Fall ist interessant, daß nach den vielen Jahren dieser typische Deep Purple-Sound auf Anhieb wieder da ist.“
Lloyd Cole And The Commotion: „Charlotte Street“
Rudolf: „Lou Reed? Billy Idol? Bob Dylan?“ Klaus: „Weißt du, an wen er mich erinnert, ein wenig, in manchen Passagen? An Al Stewart. Er hat eine ähnliche Art zu singen, der Sound dagegen geht etwas mehr in Richtung Billy Idol, Billy Idol für arme Leute.“
Die Arzte: „Kamelralley“
Rudolf: (schüttelt ungläubig den Kopf): „Was soll das denn? Kann ich mir nicht anhören, das ist Dummes. Sowas tue ich mir – wenn überhaupt – nur am Freitag den 13ten an, schweinisch.“
Klaus: „Was soll ich dazu sagen? Ich habe gedacht, das hätten wir schon lange hinter uns gelassen. Mach bloß weiter…“
Paul Young: „l’m Gonna Tear Your Playhouse Down“
Klaus: „Phantastisch, der Sänger hat ’ne tolle Stimme.
Rudolf: „Und auch der Bassist ist eine Klasse für sich.
Klaus: „Richtig, der ist so gut, daß er selbst den Sänger aussticht. Das kommt positiv rüber, reißt dich nach vorn. Wenn du dagegen die Stranglers hörst, da ist alles so cool und technisch, daß man schon gar keine Lust mehr hat, morgens überhaupt noch aufzustehen, weil man eh meint: ,Ist echt alles für’n Arsch‘. Ein starker Typ, dieser Bassist, super gespielt, einfach toll.“
Dokken: „Tooth And Nail“
Rudolf: „Menschenskind, du sollst doch nicht immer versuchen, uns zu beeinflussen! Das Schlagzeug klingt aber hölzern…“
Klaus: „Ist bestimmt so eine LA-Band. Doch wohl nicht Dokken? Klar, das ist Dokken.“
Rudolf: „Schlagzeug und Gesang gefallen mir nicht. Der Gitarrist war übrigens mal Eddie van Halens Lehrer. Und die Gitarre ist auch das Beste.“ Klaus: „Just an dieser Stelle klingt das Thema phantastisch. Doch ansonsten ist es eher ein durchschnittliches Stück, durchschnittlicher Heavy-Metal. Sicher, ein paar gute Gitarren-Passagen sind schon drauf, doch die Hookline überzeugt nicht, man wird nicht mitgerissen.“
Julian Lennon: „OK For You
Klaus: „Die Stimme habe ich schon mal gehört, allerdings zu einer anderen Musik. Oder anders ausgedrückt: Diese Art von Musik ist nicht typisch für den Sänger. Kommt er aus England? Hört sich an einigen Stellen sehr Lennon-mäßig an.
Bei dem Gesang habe ich natürlich sofort an John Lennon gedacht, doch das konnte ja nicht sein. Ich hab mir einfach nicht vorstellen können, daß der Sohn genau wie der Vater klingt.“
The Cars: „It’s Not The Night“
Rudolf und Klaus (unisono): „Ah, die Cars!“
Klaus: „Tierische Musik, die ganze Platte ist sensationell, meine absolute Lieblingsplatte. Wir haben sie erst vor kurzem in Philadelphia live gesehen, großartig.“ Rudolf: „Vom ersten Ton an bist du fasziniert, da stimmt einfach alles.“ Klaus: „Klingt perfekt und hat – was ganz wichtig ist – trotzdem Feeling. Alles ist im richtigen Verhältnis zueinander abgemischt und geile Texte dazu. Außerdem machen sie auch noch phantastische Videos.“
Prince: „Purple Rain“
Klaus (bekommt beinahe feuchte Augen): „Prince, schon nach dem ersten Ton weißt du Bescheid. Der ist wahnsinnig gut, eine tierische Nummer, das ganze Album total geil. Ich habe mir alles auf der Platte angehört, von Anfang bis Ende. Allein wie er die Songs aufbaut, mit diesem Feeling, unglaublich. Ich bin ein totaler Prince-Fan. Mir persönlich gefällt ,Let’s Go Crazy‘ am besten, ein Klasse-Song, da steckt so viel Power drin, da geht die Post ab das volle Brett.“
Rudolf: „Er spielt ganz einfache Songs, aber immer alles mit Gefühl und Atmosphäre, die mich antörnt.“