Scott Walker rules OK!


Arctic Monkey auf Abwegen: Last Shadow Puppets

Himmelhoch jauchzende Melodien für erdbebenhaft erschütterte Gefühle. Euphorisch trillierende Geigen und heldenhaft schmetternde Trompeten. Pauken, die rumpeln wie das Gewitter in einer griechischen Sage-und über allem diese Stimme. Eine Stimme so üppig wie belgische Schokolade. Scott Walker eben. In den Sixties war er sowohl im Alleingang wie auch als Teil der Walker Brothers (die alles andere als Brüder waren) häufig zu Gast in den Hitparaden. In den letzten Dekaden hat er sich rar gemacht, bloß noch eine Handvoll profund eigentümlicher Alben aus dem Zwielicht zwischen Chanson und Experimentalmusik veröffentlicht und zwecks Grenzdehnung auch mal auf Tierkadavern perkussioniert. Alle paar Jahre entdeckt eine neue Generation von britischen Songschreibern mit Geschmack das aussergewöhnliche Werk des Herrn Walker, der eigentlich Noel Scott Engel heißt und in Hamilton, Ohio, geboren wurde. Seine neuesten Fans: Arctic-Monkeys-Kopf und -Sänger Alex Turner und Miles Kane, Gitarrist und Sänger bei der ebenso blutjungen Liverpooler Combo The Rascals (deren Debütalbum demnächst erscheint). Die beiden beließen es jedoch nicht beim bloßen Fan-Sein, sondern schritten selber zur Tat. In ihrer raren Freizeit —sprich: zwei Wochen Auszeit in einem Studio in Frankreich-spielten sie unter dem Bandnamen The Last Shadow Puppets ein ganzes Album ein, im klassischen Sixties-Stil von Scott Walker. Owen Pallett aus dem Umfeld von Arcade Fire hat dazu die stilgerechten Streicher-Arrangements angefertigt. Herausgekommen ist ein stimmiges Album,dessen reifer Jacques-Brel-Groove der jugendlichen Lebenslust der Herren Turner und Kane keine Zwangsjacke anlegt. Dabei haben die beiden Post-Libertines-Rocker auf den ersten Blick kaum etwas gemein mit dem 65-jährigen Walker. Der ist quasi der Kaiser der Pop-Einsiedlerkrebse. In den späten 50er Jahren gehörte er zu den Ersten, die den elektrischen Bass beherrschten. 1964 gründete er mit Gary Leeds und John Maus die Walker Brothers. Sie gaben sich der Popballade im Stil von Bacharach David hin und kombinierten Orchester im Stil französischer Chansonniers mit der Wucht einer Phil-Spector-Produktion. 1965 siedelten sie nach London um, das Zentrum der Popwelt. Auf der Höhe des Erfolges zerbrachen die Pseudobrüderam Stress des Stardaseins. The age of Understatement lautet der schlaue Titel von Alex Turners und Miles Kanes Ausflug in die Gefilde von Celli, Geigen, Pauken und Trompeten. „Die Idee ist doch nicht so abwegig“, findet Turner. „Schließlich sind wir mit Scott Walker ebenso aufgewachsen wie mit den Beatles. Bei uns daheim lief immer Musik in diesem Stil.“

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