Interview

Sharaktah im Interview: „Das Beste, was du schaffen kannst, ist zu 100 Prozent du selbst zu sein“


„Mach einfach! Trau dich und hab’ keine Angst!“: Der Deutschrapper Sharaktah möchte für mehr Ehrlichkeit und Menschlichkeit im Rap einstehen. Dazu sprechen wir im Interview über das Gefühl Außenseiter zu sein, an seinen Träumen festzuhalten und seine neue Single „Keine Kontrolle“.

Sharaktah ist ein leidenschaftlicher Musiker, der als ehemaliger Songwriter und Sänger seinen Gefühlen intuitiv folgt und sich selbst treu bleibt. Nun hat ihn seine jahrelange musikalische Hingabe zum Rap gebracht. Dabei ist dem 24-Jährigen vor allem eine Sache besonders wichtig: Ehrlichkeit. Mit seiner Musik bietet er dem imagelastigen Deutschrap eine offene und aufrechte Alternative, indem negative Gefühle positiv genutzt werden. Dieses Jahr erschienen bereits seine zwei Videosingles „Hier“ und „Ich“, die seine persönlichen Gedanken widerspiegeln. Im Interview sprachen wir über Selbstreflexion, Zweifel und seine neue Single „Keine Kontrolle“, die am 28. Mai dazugekommen ist – „ein rockiger Song, aber mit HipHop vermischt und als Musikvideo machen wir eine Live-Performance. Ich werde Gitarre dazu spielen und live singen“, so Sharaktah. Oh, und über den 180-Seelen-Ort Ketelsbüttel, ein Teil der Gemeinde Wöhrden in Schleswig-Holstein.

Musikexpress.de: In deiner aktuellen Single „Ich“ thematisierst Du unter anderem, wie es war, mit großen Träumen in einem kleinen Dorf aufgewachsen zu sein. Wie kommt es, dass das Dorfleben einen so großen Einfluss auf Dich hatte?

Sharaktah: Ich glaube, der Einfluss ist bei mir so groß gewesen, weil ich ein bisschen anders war oder bin, als die meisten Leute dort. Ich habe halt größere Pläne gehabt. Was nicht heißen soll, dass die Leute dort keine großen Pläne haben – sondern dass das, was ich mache, dort einfach schwierig zu machen ist. Was mich auch dazu gebracht hat, irgendwann umzuziehen, um zu connecten und mir Inspiration zu holen. Es ist auf dem Dorf schwierig weiterzukommen, wenn du Musik oder etwas in einem anderen kreativen Bereich machen willst.

Video: Sharaktah – „Ich“

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Ist das die Hauptintention hinter „Ich“? Reduzierst du Dich darin auf das Leben in einem Dorf? 

Sharaktah: Die Hauptintention hat nichts mit dem Dorf zu tun. Sondern grundsätzlich damit, dass es in der Gesellschaft heutzutage ein bisschen schwierig ist. Die meisten Leute mogeln sich so durch und trauen sich nicht zu zeigen, wer sie wirklich sind, weil sie Angst davor haben, was andere Leute denken könnten. Ich kenne das von mir selbst! Ich habe selbst diese Situation mit der Musik erlebt. Du sagst, du willst Musik machen und keiner glaubt dir das, wie es am Anfang nun mal so ist. Niemand nimmt dich ernst. Diese Reaktion zu spüren, wenn dir etwas am Herzen liegt, tut weh. Diese davongetragene Emotion steckt in diesem Song. Die Intention ist es, den Leuten zu zeigen, dass Selbstbestimmung voll geil ist! Das Beste, was du schaffen kannst, ist es, zu 100 Prozent du selbst zu sein, dazu zu stehen und das ohne Angst nach außen zu tragen.

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Gleichzeitig hört man eine innere Zerrissenheit aus Deinen Songs heraus. Dass Du auf der Suche nach einer Definition von Dir und dem Leben bist. Wie hat Dir da die Musik geholfen?

Sharaktah: Du musst es dir halt so vorstellen, dass diese Themen, die ich da behandle, mir geholfen haben, genau das herauszufinden. Ich glaube, das haben bereits genug Künstler vor mir gesagt, dass Songwriting eine krasse Selbstreflexion ist. Hinsetzen und Aufschreiben. Besonders in der heutigen Zeit, wo man meist unter fremdem Einfluss steht und sich gar nicht mit sich selbst auseinandersetzt.

In Deiner Single „Hier“ spürt man, dass Dir das Dorfleben trotzdem fehlt. Scheint, als gäbe es eine Hass-Liebe-Verbindung. Was überwiegt?

Sharaktah: Auf jeden Fall Liebe! Ich hatte eine wunderschöne Kindheit. In einem kleinen Dorf aufzuwachsen ist megageil. Aber wenn man sich dann weiterentwickelt und erwachsen wird, wird es irgendwann langweilig und die Perspektive fehlt. Dennoch ist das, wo du herkommst, auch das, was du bist. Ich bin so geworden, weil ich da aufgewachsen bin. 

 Wenn Du Dich entscheiden müsstest: Dorf oder Großstadt?

Sharaktah: (lacht) Am liebsten dazwischen. Am coolsten wäre eine Art Vorort, von dem aus du schnell in der Stadt bist. Diese Ruhe wäre schon geil! Das klingt jetzt ein bisschen klischeehaft und kitschig, aber ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen als so ein scheiß Holzhaus am See. Wo ich ein kleines Studio habe und Musik machen kann, aber in dreißig Minuten wieder da bin, wo was abgeht, wenn ich Bock drauf habe. Ich glaube, das wäre perfekt für mich.

Video: Sharaktah – „Hier“

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Was ist Dir das Wichtigste, wenn Du Dich an ein neuen Song setzt?

Sharaktah: Ich lege wirklich großen Wert darauf, dass jeder Song so eine Art eigene Marke hat und eine Geschichte erzählt. Das ist mir enorm wichtig. Ich will nicht 15 Tracks machen, die irgendwie alle gleich klingen und am Ende kann ich von keinem sagen, worum es jetzt wirklich geht. Mein Ziel ist es, dass die Leute meine Songs und Themen fühlen können. Ich freue mich auch am meisten darüber, wenn Leute mir schreiben, dass sie ihnen helfen. Das ist das Geilste für mich.

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Hast Du schon ein Thema für Deinen nächsten Song?

Sharaktah: Ja, der nächste Song, der herauskommt, heißt „Keine Kontrolle“. Es geht ein bisschen darum, dass man oftmals negative Emotionen einfach wegspülen will. So nach dem Motto: „Mir geht es scheiße, egal, ich gehe jetzt mit meinen Freunden raus und knall mich zu“. Ich war auch selbst so, deswegen ist es mir jetzt wichtig negative Emotionen zu nehmen und in positive zu verwandeln, anstatt sie wegzuspülen. 

Ein mitunter großer Sprung, negative Emotionen erst zu verdrängen und sie dann als Inspiration zu nutzen.

Sharaktah: (lacht) In dem Song hört es sich vielleicht heftig an, aber ich kenne das halt. Dass man sich einfach einen reinsäuft, wenn es einem schlecht geht. Als ich 17 oder 18 war und unreflektiert, habe ich das so gemacht. Heute weiß ich, dass es total bescheuert ist. Jetzt bin ich in der Lage, negative Emotionen zu nutzen, um mich anspornen zu lassen. Ich schreibe einen Song darüber, der mich weiterbringt, wie zum Beispiel „Ich“. Bevor ich ihn schrieb, hatte ich noch keinen Labeldeal und konnte nicht von der Musik leben. Und das war dann ein Song, der mich wirklich weit nach vorne gebracht hat, weil ich die negativen Emotionen, die ich in mir hatte, da rein geschrieben habe. Ich habe in der Zeit gemerkt wie wertvoll Schmerz ist, weil darin enorme Kraft steckt. Ich glaube, das wissen viele gar nicht. Wenn man damit umgehen kann, kann das echt richtig geil sein. 

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Musikexpress.de: Zum Abschluss: Was würdest Du den Menschen da draußen als Ratschlag mitgeben?

Sharaktah: Zweifle noch weniger an dir selbst, sondern glaub’ einfach zu 1000% an dich! Ich bin fest davon überzeugt, dass du die ganzen Zweifel – auch von außen – als Antrieb sehen kannst. Aber ich glaube, viele werden auch dadurch abgehalten, weil sie Angst haben. Ich habe es immer so gesehen: „Okay, ey, jetzt schaffe ich das erst recht!“, was mich extrem motiviert und nach vorne geschossen hat. Wenn man lernt mit Zweifeln und Kritik umzugehen, kann man extrem davon profitieren. Also lautet der Rat: „Mach einfach! Trau dich und hab’ keine Angst!“ Ist natürlich leicht gesagt, weil ich weiß, wie schwierig das ist, aber ich kann nur betonen, dass es möglich ist. Man muss nur lang genug durchhalten. Einfach Gas geben und an sich glauben. 

Hört hier Sharaktahs neuen Song „Keine Kontrolle“ im Stream. Ein Album ist bisher nicht angekündigt.

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