Sie spüren der Krise im Leben der kleinen Leute nach: Stiller Hos aus Bern


Die Zeiten sind rauh geworden: Hene der Abwart ging bisher nur am Feierabend in die Kneipen von Bern, um dort herumzusitzen, zu philosophieren und – vor allem – um zu trinken. Heute ist es anders: Hene beginnt bereits am Nachmittag mit dem Saufen. Seit Jahren gehört er zum Stammpersonal des Berner Duos Stiller Has. Im vorläufig letzten Kapitel seiner Saga – „Furt“ aus dem neuen Album „Chole“ – wird es dem ehemals pflichtbewußten Kleinbürger zu eng. Er wischt das Treppenhaus ein letztes Mal, sackt dann die einbezahlten Monatsmieten ein und verschwindet einfach in die weite Welt: Geschichten vom kleinen Mann in Zeiten der Fusionen, der Rekordgewinne und der Massenarbeitslosigkeit bestimmen das neue Album von Stiller Has. Passend zum inhaltlichen Wechsel beginnt die CD mit dem Satz: „Wir haben allzu lang blinde Kuh gespielt. Nun wird Realität geschildert – und das ist ein trister Anblick. „Die Zeit ist nicht mehr danach, sich wegzuträumen“, meint Sänger und Texter Endo Anaconda. Er sieht die neuen Songs aber nicht als politische Statements: „Mir geht es nicht um fallende Börsenkurse, sondern um deren Auswirkungen auf die einfachen Leute. Früher war ich sehr böse zu den Braven wie dem Hene, heute laß ich ihn mit fremdem Geld verschwinden. Nicht, daß ich das unterstütze, aber nur so kann sich einer wie Hene wehren.“ Das Album „Chole“ klingt denn auch entsprechend struppig, „es ist unser Studio-Live-Album“, wie Anaconda betont, eingespielt mit seinem Partner, dem Multiinstrumentalisten Balts Nill, und den Gästen David Gattiker, Frank und Mich Gerber. Nun scheint die Band ein Kapitel ihrer Geschichte abgeschlossen zu haben, denn mit „Chole“ verabschiedet sich eine Hauptfigur wie Hene. Doch bis zum endgültigen Abschied werden Stiller Has, unterstützt von David Gattiker, ihr neues Werk erst einmal auf Tournee vorstellen.