Singles


Willkommen in der Anti-Kriegs-Ausgabe der Singles-Rubrik. Zuerst die schlechte Nachricht: Wenn Sie das hier lesen, wird es wahrscheinlich diese ßlur-Single nicht mehr geben. Weil: weltweit limitiert auf 1.500 7-lnches. Saurarer Vorgeschmack auf das kommende Btur-Album. Trotzdem: Pflicht des Chronisten, der Welt mitzuteilen, wie „Don’t Bomb When You Are The Bomb“ (Capitol) klingt. Und zwar 50: quackernd-blubbernde Analog-Synthies, circa „Nutbush City Limits“, Handyklingen, Handclaps, wenig bis gar keine Gitarren, Can trifft Jean-Jacques Perrey im Marschrhythmus, hitfähiger Refrain: „Don’t bomb when you’re the bomb ba ba bo… „, Krieg-istschlecht-Botschaft ohne Zeigefinger. Das wird wieder Diskussionen geben, aber eher wegen: wenig Gitarren. Und: Bomben Sie bitte nicht nur dann nicht, wenn Sie die Bombe sind, sondern auch, falls Sie George W. Bush heiflen.

Auch der hier geht an dich, George W.: Chumbawamba haben“.An Anti-War Single“ gemacht: „Jacob’s Ladder INot In My Namel“ iMutt Records/Zomba). Der Text der lieblichen Folk-Pop-Nummer vom aktuellen Album der britischen Indie-Aktivisten wurde umgeändert in ein glühendes Anti-Irak-Krieg-Statement. Wolf im Schafspelz, Wut verpackt als swingender Pop. Und damit eines klar ist, zitieren wir das Presseinfo:.. Jacob’s Ladder’ist weder anti-amerikanisch, nach pro-terroristisch, sondern schlichtweg gegen Krieg.“

Cover lag nicht vor an dieser Stelle aus Mangel an Beweisen musikphilosphisch leider nicht untermauert werden, es ist eher nur so ein Gefühl.“.Did I SayThat“ [Polydor/Universall ist streicherüberzuckerter Pop-Opern-Schmalz am Rande der Selbstparodie. Also so wie immer. Wer sowas kauft, erschließt sich dem Rezensenten nicht ganz, aber Meat Loaf ist okay. Er sagt „ja“ zur modernen Welt.

j Jörg Burger ist wieder da. I Als Modernist und hat seine I Single treffend“.Comeback“ l (Wonder/E(a) genannt. Der Titeltrack ist ein, wie soll man sagen,“.eindeutiges DJ-Tool und Bekenntnis zur Club-Kultur“ (danke, Jutta). Es geht halt ziemlich ab.“.News Value“ und“.Kodac Moments“ sind auch Floorf iller, aber mit mehr melodischen Momenten und versteckten Referenzen an die Geschichte der elektronischen Musik. Head-Dance-Music sozusagen.

Ein Geständnis: Der Rezensent sieht „The Osbournes“. J Aber nie geplant, sondern nur, I wenn er beim Zappen drauf-! stößt. Aber dann bleibt er hängen. Immer. Der Eindruck: Kelly Osbourne ist das einzige Mitglied der Familie, das noch fast alle Tassen im Schrank hat. Das macht Mut. „Shut Up‘ (Epic/Sony Musicl, der Nachfolger des verunglückten „Papa Don’t Preach‘-Covers, ist gelackter Punk-Pop, rotzig und schrill gemeint, aber trotzdem wie Meat Loaf: okay. Lasst doch der Jugend ihren Punk.

j Verdammt, das kann doch I kein Zufall sein: Noch eine I Single von einer Kelly. Kelly I Rowland. Die bisherigen Solobemühungen der Destiny’s Child-Tanten legten ja irgendwie den Schluss nahe, dass die Summe dieser, nun ja, Band gröfler ist als ihre Teile. „Stole“ (Columbia/Sony Music) hat schon irgendwie die Tendenz, eine gute R’n’B-Nummer werden zu wollen, traut sich das im „Pop Edit“ aber nicht so ganz. Zu viel Mariah Carey-Stimmüberschlagungen, zu wenig weh tuend, zu wenig Ecken und Kanten. Im „D. Elliott Dreambrotha Mix“ dann doch mehr schmalzige Sülze. Kein _lndependent Women“ weit und breit.

i Wenn das der Metallica– und New Model Army-Förderer Benjamin Wagener noch als I Praktikant erlebt hätte: eine Solosingle von Justin Sullivan, dem Sänger der Top-Underground-Rockband New Model Army. Auf „Twilight Home“ (Attack Attack/Zomba) tut zwar Danny Thompson (Gründungsmitglied der Brit-Folker Pentangle, Sideman von Nick Drake und tausend anderen] rum, was zumindest dem Titelsong nicht viel hilft. Ein dudeliger Erwachsenenschlager, der vom Indie-Fan abgelehnt werden würde, wenn er von, sagen wir, Elton John gesungen würde. „Sooner Or Later“ dann, schon ein bisschen besser. Weil mehr Subversivität, weniger Schmalz. Düstere Akustikballade für nachdenkliche Wehrpflichtige. Noch einer drauf, dann ist aber gut: „Headlights“ in der Liveversion. Muss nicht sein. So, jetzt will Winkter noch eine Erklärung abgeben.

i Hallo. Ja, hier: Vielleicht aus gegebenem Anlass, weil ihr ekler Präsident ja jetzt unbe-I dingt endlich mal Krieg führen will, vielleicht auch, weil der Anlass für dieses Lied immer gegeben ist, haben die herrlichen Yo La Tengo (nein, neues Album kommt leider erst viel später im Jahr) Sun Ras Anti-Atombomben-Chant „Nuclear War“ (Matador/Beggars/ Connected) aufgenommen. Version eins auf der E.P. fietschert Georgia, Ira und James allein an Percussion und Repetetiv-Gesang, für Version zwei haben sie sich um einen Kinderchor verstärkt. Bei der fünfzehneinhalbminütigen Nummer drei geht dann mit Piano und Bläser-Section inklusive ekstatischem Free-Solo von ex-Sun-Ra-Mitstreiter Sabir Mateen richtig die Luzie ab.“.Nuclear War, it’samotherfucker… Ifiheypush thatbutton, your oss’s goffo go … What you’re gonna do withoutyouross?“ Ja. Denken Sie mal drüber nach.