Sinus-Studie 2016 beweist – die deutsche Jugend ist genauso langweilig wie ihre Musik
Die letztjährige Sinus-Studie beschreibt die deutsche Jugend als angepasst, langweilig und konservativ. Wir geben den acht Jugendmilieus der Studie einen musikalischen Paten an die Hand. Mit dabei sind u.a. OK Kid, Prinz Pi und Money Boy.
Die Sinus-Studie 2016 belegte, was wir nicht erst seit dem AnnenMayKantereit-Hype vermutet hatten: Die deutsche Jugend ist spießig, konservativ und angepasst. Das ermittelten Wissenschaftler des Sinus-Instituts in ihrer Jugendmillieu-Studie, für die sie junge Menschen zwischen 14 bis 17 Jahren aus verschiedenen Städten in jeweils mehrstündigen Interviews befragt hatten. Die Sinus-Studie zeichnete wie in jedem Jahr ein aktuelles Bild von acht Gruppierungen, die mit unverständlichen Worten umschrieben werden.
Glücklicherweise ist die Musik, die diese jungen Menschen hören, exakt so langweilig wie die Jugendlichen selbst – deshalb können wir Euch hier die jeweiligen Gruppen anhand von Chart- und Szeneerfolgen erklären.
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Die Konservativ-Bürgerlichen
„Die familien- und heimatorientierten Bodenständigen mit Tradition – und Verantwortungsbewusstsein“
Der Soundtrack zum Lebensgefühl: Erster Impuls ist hier natürlich wie immer Frei.Wild. Aber konservativ-bürgerliche junge Menschen sind ja keine Nazis. Gut, Frei.Wild sind auch keine Nazis, aber… Wir wollen diese Diskussion an dieser Stelle nicht näher ausführen. Der perfekte Song für diese Menschen ist jedenfalls „7 Years“ von Lukas Graham, ein CSU-Wahlprogramm in 4:06 Minuten. Zu verträumten Klängen erinnert sich Lukas Forchhammer daran, wie ihm sein Vater mit 11 Jahren gesagt hat, dass er sich eine Frau „holen“ sollte, um nicht einsam zu sein. In seinem Charthit träumte der 27 -Jährige davon, dass ihn seine Kinder auch mal besuchen, wenn er 60 ist. Braver Bub, aus dem wird nochmal was!
I’m still learning about life,
My woman brought children for me,
So I can sing them all my songs.
Die Sozialökologischen
„Die nachhaltigkeits- und gemeinwohlorientierten Jugendlichen mit sozialkritischer Grundhaltung und Offenheit für alternative Lebensentwürfe“
Der Soundtrack zum Lebensgefühl: OK KID – „Gute Menschen“. Auf ihrem ersten, selbstbetitelten Album wollten OK KID noch den Kaffee für uns warm halten, im Jahr 2015 haben sie bemerkt, dass es auch wichtigere Themen gibt. Und plötzlich gehört Antideutsch-Sein genauso zur Schultüte des Erstsemesters wie „Dialektik der Aufklärung“ und die obligatorische Flasche Sterni. Man möchte sich für Leute schämen, die sich dafür schämen, deutsch zu sein – langsam wird’s echt kompliziert.
Alles nur gut gemeint, aus Angst um ihre Blutsbrüder
Sie sind das Volk, alles nur besorgte Wutbürger
Stammtisch-Modus, jetzt wird laut diskutiert
Schwarz, Rot, Grün, alles wirkt braun meliert
Die Expeditiven
„Die erfolgs- und lifestyle-orientierten Networker auf der Suche nach neuen Grenzen und unkonventionellen Erfahrungen.“
Der Soundtrack zum Lebensgefühl: „XOXO“ von Casper. Zugegebenermaßen schon etwas älter, trifft aber immer noch den Zeitgeist der provinziellen YOLO-Generation. Wie viele Mädchen nach dem Hören von „X.O.X.O.“ Rotwein und Pillen gemischt haben, wie Casper „rappt“? Das meinten die Sinus-Forscher wahrscheinlich mit „Suche nach neuen Grenzen“.
Wir liegen lachend in den Trümmern und fühlen uns frei
Wir sind 30 Fuß high und steigend!
Zu Hause ist da, wo man sich vermisst,
doch wir glauben an ein Licht, das niemals erlischt!
https://vimeo.com/26239040
Die Adaptiv-Pragmatischen
Der leistungs- und familienorientierte moderne Mainstream mit hoher Anpassungsbereitschaft
Der Soundtrack zum Lebensgefühl: „3. Stock“ von AnnenMayKantereit. Weil Fernbeziehungen so anstrengend sind, wollen Annen, May und Kantereit mit ihrer melancholischen Ballade am liebsten schon mit Anfang 20 in eine gemeinsame Wohnung ziehen. Wer eine Wohnung hat, sollte sie dieser Band anbieten. Aber bitte nur Altbau!
Ich würd gern mit dir in ’ner Altbauwohnung wohn‘
Zwei Zimmer, Küche, Bad und ’n kleiner Balkon
Ich würd gern mit dir in ’ner Altbauwohnung wohn‘
Ich würd‘ auch manchmal morgens Brötchen holen
Die experimentalistischen Hedonisten
„Die spaß- und szeneorientierten Nonkonformisten mit Fokus auf Hier und Jetzt.“
Der Soundtrack zum Lebensgefühl: „Wie kann man sich nur so hart gönnen?!“ von Money Boy. Die wichtigste Frage des Jahres wurde ausgerechnet von einer Jugendstudie beantwortet, Money Boys Draufsein (im Original ist WKMSNSHG von Fruchtmax und Hugo Nameless) schließlich nur ein „Fokus auf Hier und Jetzt“. Hashtags? #gönnteuch #besteleben
Wie kann man sich nur so hart gönnen (wie kann man nur, kann man nur)
Leute sagen, Max du bist doch todes drauf
Mir egal, weil ich bin grad im Drogenrausch
Wie kann man sich nur so hart gönnen
https://www.youtube.com/watch?v=10soqrpXCJM
Die materialistischen Hedonisten
„Die freizeit- und familienorientierte Unterschicht mit ausgeprägten, markenbewussten Konsumwünschen“
Der Soundtrack zum Lebensgefühl: „Millionen Euro“ von LGoony. Als „familienbewusst“ kann man den Kölner zwar nicht wirklich bezeichnen, dafür ist er vermutlich einfach zu jung. Zum Glück, denn wenn er in seiner wunderbar dekadenten Trap-Hymne von Konten in der Schweiz rappt, können sich die Hater nur „im REWE für nen Cent bücken“. Sheesh!
Hater könn‘ tun was sie wollen
Ich habe Geld
Auch noch in Einhundert Jahren
Ich fahre den neusten Benz
Die Prekären
„Die um Orientierung und Teilhabe bemühten Jugendlichen mit schwierigen Startvoraussetzungen und Durchbeißermentalität“
Klingt nach: „Plattenbau O.S.T.“ von Zugezogen Maskulin. Für das Video sind Grim104 und Testo nicht nach Marzahn, sondern nach Potsdam gefahren. Und nicht nur in Ostdeutschlands Plattensiedlungen trifft der Text die triste Lebensrealität von Jugendlichen.
Komm mit uns, verschwende deine Zeit
Spielplatz zwischen Riesenblocks, wir stell’n uns auf im Kreis
Saufen um die Wette und dann tanzen wir zu Aggro Ansagen
Im Blaulicht der Krankenwagen
Mehr Informationen zur Sinus-Jugendstudie 2016 gibt es hier.