Soul Asylum
Es ist, als ob wir alle anfangen wieder zu wachsen“, kommentiert Bassist Kurt Mueller die Neuerungen aus dem Soul Asylum-Lager. Gemeint sind die Aufnahmen zur letzten Platte und Schlagzeuger-Neuzugang Sterling Campbell. Muellers Aussage läßt allerdings vermuten, daß der alte Kern nicht mehr so hell brannte wie noch bei ‚Grave Dancer’s Union‘. Oder daß vielleicht das neue Bandmitglied auf dem Schleudersitz – schließlich wurde schon desöfteren umbesetzt – die Kernspaltung dank motivierender kreativer Schübe wohl gerade noch verhindert hat. Freilich ist es schwierig, die Höhe der einst selbst gelegten Meßlatte wieder zu erreichen, vor allem dem großen Hit ‚Runaway Train‘ noch eins draufzusetzen. Die eigenen Erwartungen und vor allem die wesentlich gewichtigeren von außen zu erfüllen. Kein einfaches Ding. Soul Asylum versuchen es. Beim einzigen Konzert (für die Fernsehsendung „Live aus dem Frankfurter Südbahnhof“) in Deutschland stellen sie hauptsächlich Songs vom neuen Album ‚Let Your Dim Light Shine‘ vor. Die anfänglich so entspannte Haltung von Dave Pirner weicht relativ schnell. Er mimt einmal mehr lässig mit Zigarette im Mundwinkel, ewig zerrissenen Jeans und zartem Jungengesicht den zwar netten, aber doch leicht abgefuckten Jungen. Professionell geht er über das Kneipengemurmel und die damit verbundene Unaufmerksamkeit seines Publikums vom hinteren Ende des nicht gerade großen Saals hinweg. Lediglich den Girls in der ersten Reihe glänzen die Augen über die Maßen, wenn seine Haartracht leidenschaftlich um seinen Kopf tanzt. Die schönen Passagen, die Pirner mit der akustischen Gitarre spielt, bringen einen interessanten folkigen Touch, der wegen der allzu süßlichen Melodien allerdings wenig Boden unter den Füßen gewinnt. Leichte psychedelische Orgeleinsätze versanden, passen nicht ins Bild. Selbst gewaltige Punkstrudel ziehen wegen ihrer Kürze die Band nicht aus seichten Popgewässern. Und Pirners effektvoller Hüftschwung – fast Elvis-like – bringt auch nicht so recht das wahre Rock’n’Roll-Feeling. Das Soundgefüge der Band wird jedenfalls vom Neuen zusammengehalten: Campbell nimmt eine sehr prägnant hörbare und manchmal sogar leicht dominierende Stellung ein, regt mit brillantem Spiel an und zieht Mueller in einen druckvollen Rhythmus hinein. Ein optimaler Drive, den Gitarrist Dan Murphy zur soliden Basis komplettiert. Eine kompakte Einheit, die von Pirners wehmütigen, mitunter jammernden Gesängen gekrönt ist. Mal kratzig, mal rotzig spannen sich seine Bögen zwischen sozialen Themen oder persönlichen Mißständen. Trotzdem bleiben Songs wie ‚Misery‘ oder ‚Just Like Anyone‘ etwas schal im selben alten Erfolgsmuster gestrickt. Sie lassen zwar das interessierte Publikum mitsingen, Stimmung und etwas Atmosphäre kommen aber lediglich bei der kurzen Zugabe auf, als die allseits bekannte musikalische Vermißtenanzeige vom letzten Album dann doch noch zu hören ist.