Staffelfinale von „4 Blocks“: In „Gewinnen und Verlieren“ sieht man die wahre Stärke der Serie
Einige Nebenfiguren spielen in der letzten Folge der aktuellen Staffel groß auf, danach startet das übliche Geballer. Vorsicht: Spoiler!
In der Tradition kitschigster Soap-Serien läuft „4 Blocks“ in seiner zweiten Staffel auf eine Hochzeit hinaus, mit der „Gewinnen und Verlieren“ nun auch beginnt. Das Ehepaar, die Sprösslinge der Familien al-Saafi und Hamady haben zwar keine Lust auf die Ehe, aber irgendwie muss der in jeder Episode gefühlt fünf Mal angekündigte „Krieg“ zwischen den Familien ja verhindert werden.
Im Verlauf der zweiten Staffel wurde der Handlungsspielraum für Toni Hamady (Kida Khodr Ramadan) und seinen Clan immer enger, der Plot dadurch manchmal ein wenig behäbig. Die Drogengeschäfte gerieten ins Stocken, der von Rapper Veysel gespielte Abbas wurde von einem der spannendsten Charaktere der deutschen Serienlandschaft zum Nutzlosesten. Folge für Folge hockte er entweder im Gefängnis oder in irgendwelchen verlassenen Fabriken in Tempelhof. Schade, seine Energie hat Toni in manchen Szenen gefehlt, genauso wie die von Frederick Laus verdecktem Ermittler Vince aus der ersten Staffel. Aber der ist nunmal tot, opferte sich im spektakulären Finale der ersten Staffel.
Mehr Hollywood als Milieustudie
Da die Hauptfiguren, die Gebrüder Hamady, sich kaum bis wenig weiterentwickelt haben, scheint es fast zwangsläufig, dass im Staffelfinale ausgerechnet die Nebendarsteller groß auftrumpfen. Wenn der von Hassan Akouch gespielte Maruf mit seiner Zwangsehe hadert und sich über diese Unzufriedenheit mit seiner Frau annähert, dann ist das mit großer Sicherheit näher dran am realen Neukölln als das Verhalten vieler Gangster und Polizisten (vor allem dem von Oliver Masucci gespielten Hagen Kutscha!) in der Serie. Zumal Maruf für die Zwangsehe seine erste große Liebe aufgeben muss.
Ebenfalls tragisch und einer der stärksten Momente der Episode: Latif (Massiv) verstößt seine Frau Amara (Almila Bagriacik), obwohl diese ihm selbst dann die Treue hält, nachdem er sie aus purer Eifersucht und Ehrenmann-Gelaber unter Hausarrest stellt. Auf einer trostlosen deutschen Landstraße kumuliert ein falsches Frauenbild mit Misstrauen und verletztem Stolz, was tatsächlich ziemlich herzzerreißend ist. Und was die Frage aufwirft, warum sich „4 Blocks“ nicht mehr Zeit nimmt für die Handlungsstränge, die ohne Waffengewalt und Kokainhandel auskommen.
Die Antwort folgt kurz darauf, wenn mal wieder halbwegs befriedigende Actionszenen folgen, in denen die Serie mehr Hollywood als Milieustudie sein möchte. Hoffentlich wird der Fokus in der wahrscheinlich kommenden dritten Staffel ein bisschen verschoben, damit „4 Blocks“ nicht in Gänze so auf der Stelle tritt wie seine Hauptfiguren. Obwohl: In „Gewinnen und Verlieren“ kann Toni Hamady dann doch noch einmal überraschen.
„4 Blocks“ läuft jeden Donnerstag bei TNT Serie. Später folgt eine Ausstrahlung bei Amazon Prime Video.
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