Revanche ist genau ein Jahr jünger als ich. Und dieses Album ist – auch wenn ich gerne mit einer pop-korrekten Früherziehung durch Beatles/Stones/Dylan prahlen würde – meine musikalische Muttermilch. Denn im Plattenschrank meiner Eltern steht neben Elvis (Vater) und Austro-Liedermachern (Mutter) nun mal jedes Album von Maffay (den mögen beide!) seit 1977 – Und gerade in den frühen 80ern liefen seine Platten auf Dauer-Rotation im Wohnzimmer. Maffay versuchte damals schon als Rocker durchzugehen (schwarze Lederjacke! Cowboystiefel! Schwere Motorräder!! Das 79er Album Steppenwolf!!!), und so heißt es in „Rock’n’Roll“: „Denn wenn ich weine, lache, hasse, liebe/ Fühl ich Rock’n’Roll in mir/Ich leb nur, wenn Feuer in mir brennt. ‚Wut‘ im Bauch – davon hat Maffay mehr, als dem Hörer lieb sein kann. Es geht um Revanche, Auflehnung, Aussteigertum. Zwecks SPD-Rocker-Glaubwürdigkeit darf auch ein bisschen link(isch)e Sozialkritik nicht fehlen, in „Liebe wird verboten“ fast visionär: „Die Kinder kommen aus Retorten raus /Sie sehen perfekt, doch ziemlich ähnlich aus“; in „Mein Kind‘ schnulzig-sentimental, wenn Maffay sich um den Zustand der lieblosen Welt sorgt, in die sein noch ungeborenes Kind hineinwachsen wird. Apropos: Natürlich weiß Maffay, dass ein Mann neben Härte auch Gefühle zeigen muss: „Weil es dich gibt /Fange ich neu on /Du zeigtest mir /Dass ein Mann wie ich/ Zärtlich lieben kann. Fehlt noch was? Ach ja: der Hit „Über sieben Brücken musst du gehen“ ist auch auf Revanche. Tja. und alle diese – teils wirklich schlimmen – Texte kann ich auswendig und krame in schwachen Stunden das Album immer wieder hervor. Denn diese Songs sind in mein Unterbewusstsein eingebrannt, und ganz nüchtern betrachtet ist Revanche nicht mehr und nicht weniger als ein Gute-Laune-Pop-Rockalbum. Mag sich der Rest der Welt auch aufregen über Muckertum, gutmenschlich-verbrämte Schlagertexte, schmierige Saxophon-Soli und Maffay selber – ich werde mit revanche auch noch sieben weitere dunkle Jahre überstehen.
