Stevie Wonders Tip für 1975: Rufus „Kruukle“ ist Universal
„Krudde – das ist sinnlich, roh! Krudde ist einfach universal: Rhythm & Blues, Rock, Blues und meinetwegen auch Soul, was du willst.“ Chaka Khan, Sängerin der Gruppe Rufus, erklärt lebhaft, was denn um Himmelswillen „Krudde“ bedeutet. Dieser rätselhafte Begriff war Rufus vorangeeilt, die zu ihrem ersten Deutschlandbesuch gekommen waren, um das Vorprogramm von George McCrae in der Frankfurter Jahrhunderthalle zu bestreiten.
„Krudde“ – so war hier und da schon nachzulesen – „ist Musik, die unter die Gürtellinie zielt. Na schön, aber das besagt natürlich alles und gar nichts. Mit Chakas Erklärung dürfte hier also ein Teil der Unklarheiten beseitigt sein. „Krudde“, dieses neue Wort war über uns hereingebrochen, als wir noch fragten, ob Rufus wirklich mit dem Charakteristikum „Soulgruppe der 70er Jahre“ zutreffend bedient sei. Aber dieses Stakkato der Leadgitarre, der harte, schroffe und schneidende Sound, dazu Chakas ausdrucksstarke, harte und unsentimentale Stimme wehren sich gegen jede Einordnung in gängige Normen. „Entdecker“ Stevie Wonder preist sie als Geheimtip für 1975.
Auf der Bühne nimmt Chakas Persönlichkeit Augen und Ohren derart in Anspruch, daß die exakt arbeitenden Musiker zeitweilig nur noch im Unterbewußtsein verdaut werden.
Chaka tritt unverkrampft, unkompliziert und mit kaum zu schlagender Fröhlichkeit auf; sie reproduziert ihr natürlichesTemperament anstelle einer starr konstruierten Bühnenshow.
Seitdem sie ihre Freundin Paulette bei Rufus ersetzte, hat die Gruppe (ehemals „Ask Rufus“ nach einer Leserbriefseite) ihren jetzigen Charakter erhalten. Mittlerweile (nachzulesen auf ihrer neuesten LP „Rufuzised“) hat sich die Formation, ursprünglich von den beiden Ex-American Breed-Musikern Kevin Murphy und AI Ciner ins Leben gerufen, verändert. Außer Chaka und dem vielseitigen Keyboardspieler Kevin gehören jetzt dazu der Leadgitarrist Tony Maiden, der Bassist Bobby Watson und der Drummer Andre Fisher, dem Chaka zwischendurch immer wieder am eigenen Schlagzeug in die Parade fährt. Sie muß auf der Bühne einfach ständig in Bewegung sein, und wenn sie die Hände nicht am Mikrophon hat, dann imitiert sie exakte Baßgriffe.
Unkompliziert und sorglos, wie sie ist, wischt sie auch die Vorwürfe ihrer Kritiker fort, sie würde zu viele Einflüsse reproduzieren und dabei ihre musikalische Eigenständigkeit vernachlässigen. „Das stimmt soweit,“ gibt sie zu, „aber nur so kann ich überhaupt einen eigenen Stil entwickeln, nämlich indem ich möglichst viel verarbeite. Und außerdem: Was soll’s? Unsere Musik ist univer: Krudde eben!“