Stones heimlich in Amsterdam!
Als wir in der Februar-Ausgabe bereits andeuteten, daß die Rolling Stones die Aufnahmen für ihr neues Album, mit denen sie im Münchner Musicland Studio begonnen hatten, in Holland fortsetzen wollten, ahnten wir noch nicht, daß wir die Jungs aus der berühmtesten Rock’n’Roll Band der Welt dort persönlich treffen sollten. Wohl war bekannt geworden, daß die Stones sich in den letzten Januartagen in den Sound-Push Studios in Hilversum aufhielten, aber genauso selbstverständlich hatten wir auch damit gerechnet, daß Mick Jagger und seine Kollegen alles andere im Kopf haben würden, als den Gedanken, sich mit der Presse herumschlagen zu müssen.
Jeder Besuch im Studio wäre also zwecklos gewesen. Doch plötzlich kamen wir auf eine ausgezeichnete Idee. Von Little Feat, der amerikanischen Westcoast-Band, die an der Music-Show-Tournee (Siehe auch Special-Story in dieser Ausgabe) teilnahm, hatten wir in Hamburg erfahren, daß die Stones, und ganz besonders Mick Jagger, zu ihren größten Bewunderern gehören. Da lag es natürlich sehr nahe, mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die Rolling Stones sich vielleicht beim Little-Feat-Konzert in Amsterdam blicken lassen würden.
WATTS: „DIE STONES SIND DOCH LÄNGST GESTORBEN!“
Wir hatten unsere Mitarbeiter gleich zu Beginn des Abends strategisch in der Amsterdamer Edenhai aufgestellt und hofften darauf, daß unser Warten nun auch belohnt werden würde. Und richtig! Schon bald kommt Keith Richard unauffällig durch einen Seiteneingang herein – in Partystimmung mit „ner Flasche Whisky in der Hand. Bill Wyman und dessen Frau folgen ihm auf den Fersen, doch ehe wir’s auch wirklich glauben können, sind die drei bereits in einem der Garderobenräume verschwunden.
Nachdem weitere fünf Minuten verstrichen sind, kommt Charlie Watts hereingeschlendert. Er hat seine Haare auf „Strafgefangenen-Look“ zusammengestutzt und sieht nicht gerade sehr gesund aus. Als die ersten Blitzlichter der Fotografen aufflackern, bleibt er ein paar Sekunden lang bewegungslos stehen. Wir versuchen natürlich gleich, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, doch Charlie läßt sich auf sowas erst gar nicht ein. Beinahe bedrohlich schnauzt er uns an: „Ich red‘ nicht über die Stones – die sind doch längst gestorben!“ Er dreht sich rasch um und klettert auf die Bühne, um sich dort hinter den Verstärkerboxen vor allzu neugierigen Blicken zu schützen. Jetzt, wo wir wissen, durch welche Tür die Stones hereinkommen, scheint es uns geeigneter, Mick Jagger gleich draußen abzufangen. Nach dreiminütigem Zittern in der kalten Januarnacht fährt ein goldfarbener Mercedes vor. Ein besonders gut gekleideter Mick Jagger steigt aus und geht auf den Eingang zu. Er trägt eine schwarze Samtjacke und ein weißes Nostalgie-Oberhemd im Stil der zwanziger Jahre.
Als er uns mit dem Reporter-Mikrofon in der Hand auf sich zukommen sieht, bleibt er lächelnd stehen. Er erzählt uns, daß er gerade gegessen und dabei ein bißchen viel Wein getrunken habe. Deshalb möchte er nicht über „seriöse“ Themen sprechen. Start dessen macht er ein paar witzige Bemerkungen und bittet schließlich die inzwischen eingetroffenen Fotografen, mit dem Blitzen aufzuhören, weil seine Augen ohnehin nicht mehr die besten seien. Mick gibt sich sehr freundlich und charmant, doch sobald wir das Halleninnere betreten haben, verschwindet auch er auf der streng bewachten Bühne. Während Little Feat auf dem Höhepunkt der Stimmung im Saal ihre Zugabe herunterfetzen, verschwinden die „Rollenden Steine“ wieder mit ihren Luxuslimousinen. Auf einer nächtlichen Fete im Amsterdamer Americain Hotel geht es noch bis in die frühen Morgenstunden schwer rund – dort hatten sich nämlich außer Little Feat auch die Doobie Brothers und all die anderen Gruppen der Music Show einquartiert. Für die Stones sicher eine willkommene Gelegenheit, für ein paar Stunden die Sorgen zu vergessen, mit denen sie sich herumschleppen, seit Mick Taylor sie verlassen hat.