Stones-Trommler Charlie Watts will’s jetzt jazzig und kann doch vom Rock nicht lassen


ME/S: Die Grundstimmung Ihrer Jazzplatte ‚Long Ago And Far Away‘ ist Moll. Sind Sie ein eher melancholischer Mensch?

Ich weiß nicht, vielleicht. Jedenfalls gibt mir diese Art von Musik ein warmes Gefühl, das ich mag.

ME/S: Welcher Charlie Watts braucht zum rüden Rock den kultivierten Jazz-Ausgleich, der Musiker oder der Mensch?

Als Mensch brauche ich das definitiv nicht. Es ist jedenfalls nicht so, daß es da einen kleinen Jungen in mir gibt, der unbedingt hinaus möchte. Der Jazz macht mir einfach Spaß, und er ist gleichzeitig eine Herausforderung.

ME/S: Als Mick Jagger bei der letzten Stones-Tour die Musiker vorstellte, haben ausgerechnet Sie regelmäßig den größten Beifall bekommen -— was Ihnen fast peinlich zu sein schien.

Das war es auch. Aber irgendwie war es natürlich auch sehr schmeichelhaft.

ME/S: Könnten Sie den Job von Mick Jagger machen?

Nie und nimmer! Wozu auch? Mick ist der beste Performer der Welt. Der einzige, der ihm das Wasser reichen kann, ist Michael Jackson. Aber der hat nicht die Wärme der Stones im Rücken, und deshalb ist er auch nicht so gut. Prince war früher auch gut und sehr natürlich. Aber er hat, wie Jackson, viel verloren und ist im Bemühen um Perfektion zu kalt geworden.

ME/S: Im Stones-Publikum stehen Teenies einträchtig neben Senioren. Was empfinden Sie dabei?

Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Ich spiele einfach so gut es geht und hoffe, daß es die Leute mögen.

ME/S: Bei Stones-Konzerten spielen Sie fast wie unter einem Mikroskop. Überall hängen Mikrophone, Kameras verfolgen Sie. Macht Sie das nicht nervös? Ich beachte das gar nicht. Trotzdem bin ich vor einer Show immer furchtbar nervös. Wenn ich aber anfange zu spielen, dann ist die Nervosität futsch. Und die Aufregung vorher, das ist wohl eher die Sorge, ob bei der Show auch wirklich alles funktioniert.

ME/S: An Ihrem Schlagzeugspiel fällt auf, daß der rechte Arm jedesmal Pause macht, wenn Sie mit dem linken auf die Snaredrum schlagen.

Darauf hat mich erst Jim Keltner aufmerksam gemacht. Vorher wußte ich gar nicht, daß ich das mache. Aber ich hasse es! Es sieht lächerlich aus. Ich würde auch niemandem empfehlen, diese Technik zu kopieren. Im Studio hast du damit nur Probleme, weil immer ein Loch im Takt ist. Natürlich kann ich auch anders spielen, aber es kostet mich wirklich eine mordsmäßige Konzentration.