StyleNite, Sommer 2016: Im Interview mit Designer Michael Michalsky und Sänger Georg von St George
Auf der Michalsky StlyeNite lädt Designer Michael Michalsky mit seinen Fashion-Entwürfen und von ihm gewählten Musik-Acts saisonal zum Abschluss der Berliner Modewoche und lässt sich und seine Mode im kulturellen Kontext feiern. Wir trafen den Designer und St.George-Frontman Georg Randel zum Gespräch über ihre Zusammenarbeit, ihre Werke als Künstler und Einflüsse aus den 80er-Jahren, die sich modisch wie musikalisch bis heute durchsetzen.
Die Michalsky StyleNite gilt seit nunmehr zehn Jahren inoffiziell als Abschluss-Veranstaltung der Berliner Modewoche und verbindet Kulturphänomene wie Musik, Architektur und Mode in einem kulturellen Gesamtkontext.
Michalsky Frühjahr/Sommer 2017
In dieser Saison zeigte Designer Michael Michalsky, bis Mai noch Co-Juror von Heidi Klum bei Germanys Next Topmodel 2016, seine Kollektion für Frühjahr/Sommer 2017 unter dem Dachthema „Perspektive“ in einer Kirche – inklusive Orgelmusik vom amerikanischen Star-Organist Cameron Carpenter statt Staccato-Catwalk-Beats vom Band oder Livemusik einer Electro-Band, wie er es Saisons zuvor im Tempodrom gern tat.
Mehrere hundert geladene Gäste samt prominenter Verstärkung aus Berlin versammelten sich am frühen Freitag Abend vor der Französischen Friedrichstadtkirche in Mitte, um in den seit 1701 bestehenden Räumlichkeiten Michalskys Entwürfe für die kommende Saison aus einer beinah andächtigen Perspektive zu sichten.
Nach der Show trafen wir den Designer auf dessen Aftershow-Party zum Interview mit dem Sänger Georg Randel von der Dresdener Newcomer-Band St George, die (neben B.O.X.E.R) live auf Michalskys Aftershow-Party im House of Weekend performte. Mit Beiden sprachen wir über neue modische Blickpunkte und musikalische Lichtblicke:
ME.STYLE: Michael, Du verbindest auf der Michalsky StyleNite seit Jahren unterschiedliche Kulturphänomene wie Musik und Architektur mit Mode. Bei Deiner Couture-Kollektion für Atelier Michalsky mit dem Titel „Perspektive“ hast Du Dich dazu entschieden, Deine Entwürfe für Frühjahr/Sommer 2017 in einer barocken Kirche zu inszenieren. Wie kam es zu dieser Idee?
Michael Michalsky: Als großer Architektur-Fan lasse ich mich auch in meinen modischen Entwürfen von architektonischen bzw. skulpturalen, geometrischen Formen inspirieren. Den geometrisch angelegten Gendarmenmarkt mit seiner gespiegelten Friedrichstadtkirche habe ich schon oft besucht und empfand dessen Geschichte dabei ebenso als sehr besonders: Der Preußenkönig Friedrich I. hat diese Kirche einst erbaut, um Franzosen Zuflucht zu gewähren – das war damals eine Geste der Toleranz bzw. eine Perspektive für jene Menschen.
Inwiefern inspiriert Dich Musik bei Deiner kreativen Arbeit?
Bei mir gibt es keinen (Arbeits-)Tag ohne Musik, denn sie ist eine meiner Hauptinspirations-Quellen. Als ich Teenager war, gehörte ich der sogenannten MTV-Generation an – einer Generation, in der Musik, Visualität und Mode verschmolzen sind. Als ich 1992 anfing als Designer zu arbeiten, lief tatsächlich auch in allen Departments, in denen ich tätig war, MTV. Ich bin bis heute in der glücklichen Lage, meine Liebe zur Musik auch in meiner Arbeit als Designer ausleben zu können. So verschmelzen auf den StyleNites auch musikalisch die Grenzen zwischen Underground und Overground, denn: Musik, die mich berührt, kommt auch von Menschen – wie zum Beispiel von Georg (Anm. d. Red.: Randel, Sänger der Band St George) – die noch nicht so berühmt sind wie Lady Gaga, Rita Ora, Icona Pop, Hurts und andere Musiker, die bereits bei einer StyleNite performt haben.
Wie hat sich die Zusammenarbeit zwischen Dir und Georg ergeben?
Ich hatte von Georg und St George schon gehört, mag sowohl deren, als auch 80er-Musik sehr und finde, dass sich Georg anhört wie eine frische 2010er-Version von Heaven 17. Das finde ich sehr zeitgemäß und auch passend zu den 80er-Jahre-Reminiszenzen meiner heute gezeigten Kollektion.
Wie stellst Du Deine Soundtracks zur StyleNite (Anm. d. Red.: bisher gab es vier Compilations zu Kollektionen von Michalsky) zusammen?
Die Soundtracks zu den Michalsky StyleNites habe ich immer selbst zusammengestellt; aus persönlichen Playlisten mit durchschnittlich immer um die 200 Songs, die mich während der Schaffensphase meiner Kollektionen begleitet haben. Ich höre sehr viel elektronische Musik, oft aber auch Musik aus den 80ern, entdecke Producer wie Trevor Horn wieder. Gerade höre ich sehr viel von ABC – das war für mich der Sound der 80er-Jahre.
Mit Lady Gaga und Hurts hattest Du ja auch schon ein richtig gutes Gespür für Acts, die nach ihrer Performance auf der StyleNite international groß wurden. Was traust Du Georg und St. George zukünftig zu?
Ich kann mir vorstellen, dass er viele Menschen, die ihn jetzt noch nicht kennen, ähnlich wie mich mit seiner Stimme und den eingängigen Melodien begeistern kann. Er ist überzeugt von der Musik, die er macht und hat damit wie mit seinem Look ein Alleinstellungsmerkmal – eine gute Basis als Künstler mit Zukunft.
ME.STYLE: Georg, Du trägst heute einen auffälligen Anzug aus der aktuellen Sommerkollektion von Michalsky. Welche Beziehung hast du als Künstler sowie als Privatperson zur Mode? Hast Du ein Lieblingsbrand?
Georg Randel: Rick Owens. Dieses Wehrhafte, Starke von Rick Owens und seinen Kollektionen gefällt mir sehr – nicht umsonst haben wir uns nach St George, dem Drachentöter, benannt.
Hast Du stilistische Vorbilder, an denen Du Dich (privat oder als Künstler) modisch orientierst?
Ich habe wie Michael ein absolutes Faible für Künstler aus den 80er-Jahren, die sich sehr extrovertiert gekleidet haben und finde es toll, wenn man als Künstler seine Musik noch mal visuell untermalt und Aspekte von sich zeigen kann, die man privat nicht nach Außen trägt. So trage ich zum Beispiel heute etwas Auffälligeres als im Alltag; trete mit bemaltem Hals und bemalten Händen auf die Bühne.
Apropos Bemalung: Auch in Deinem Musikvideo zu „Control“ trägst Du eine schwarze, mit weißer Farbe bemalte Bomberjacke und Deine Background-Tänzerinnen performen mit Schildern, die im selben Malstil mit „Go Georg“ beschriftet sind und deren Look wie Deine heutige Bemalung ein bisschen an die Kunst von Keith Haring erinnern. Wie kam es dazu?
Die Ähnlichkeit zu Keith Haring war nicht beabsichtigt, ist mir ebenso schon aufgefallen. Haring hat seine Strichmännchen, ich trage als Symbol das „Allsehende Auge“, das mir persönlich sehr wichtig ist. Wir beide ergänzen die Umrisse unserer Malereien mit charakteristischen kurzen Strichen im Comic-Stil.
Was bedeutet das „Allsehende Auge“ für Dich?
Mond- oder Sonnenauge, Christentum, Freimaurerei, Illuminati oder Zurvanismus – das „Auge der Vorhersehung“ hat sehr viele Bedeutungen und symbolisierte in letzterem zum Beispiel in einem Dreieck die dreigestaltige Zeit in Form von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bzw. Wachstum, Fruchtbarkeit und Altern. Für mich persönlich steht „mein allsehendes Auge“ für Weitsicht, Weisheit, gewonnene Klarheit und den Durchblick zu haben und zu behalten.
Wie hast Du den Durchblick behalten, als Michalsky Dich als Newcomer für eine Performance auf der StyleNite angefragt hat?
Ich dachte zunächst, das würde nicht passieren, weil wir dazu noch zu unbekannt sind. Letztlich kam der finale Deal mit unseren Managements erst vor zwei Wochen zustande – kaum Zeit, durchzudrehen oder viel nachzudenken, da ich ohnehin kein aufgeregter Typ bin. Jetzt sind wir hier und nach dem Interview geht’s ab auf die Bühne!
Vielen Dank für das Interview.