The Brandos
Wenn das keine satte Steigerung ist: Im Vergleich zum Frankfurter Vorjahres-Konzert der New Yorker Gitarren-Rocker kamen diesmal tatsächlich gut 400 Prozent mehr Zuschauer. Doch wie so oft ist auch hier die Spielerei mit relativen Zahlen glatter Beschiß. Der echte Zuwachs von 25 auf heuer knapp 150 „Zahlende“ zeigt, wie wenig der US-Trend zum songorientierten Gitarren-Rock in deutschen Landen Widerhall findet. Für die vier hochgelobten Entwicklungshelfer dürfte die Situation nicht neu sein: Noch vor drei Jahren spielten sie sich für ein warmes Abendessen die Finger wund und mit geborgten 15.000 Dollar ihre erste LP ein. So unerbittlich und professionell, wie in den Rotlicht-Etablissements zwei Straßen weiter die Lederpeitschen geschwungen werden, behandeln denn auch Dave Kincaid, Ed Rupprecht und Ernie Mendillo ihre 16 Saiten – und auch bei Drummer Larry Mason wächst die Lust von Schlag zu Schlag. Schon nach den ersten drei Songs wird klar, daß das Quartett keinen besseren Namens-Geber finden konnte als den Hauptdarsteller der 50er-Film-Revolution „The Wild Ones“, Marion Brando. Alles stimmt – der rauhe Gesang, die heisere CCR-Stimme, einsilbige Ansagen, sogar seine Gitarren stimmt Frontman/Songwriter/Produzent Dave Kincaid selber. Nur Marions abgewetzte Lederjacke fehlt; die Brandos von 1989 ziehen es vor, auf der scheinwerferbedrängten Frankfurter Mini-Bühne sauber gebügelte Seidenhemden durchzuschwitzen. Die vier persönlichen Ventilatoren neben den Monitoren quirlen allenfalls den Mief durch.
Musikalisch bringen die vierschlacksigen Amerikaner dagegen einen der frischesten Winde der letzten Zeit. Kurze, unverschnörkelte Songs, fest verwurzelt in der Eingängigkeit der späten 60er Jahre und der Klarheit des traditionellen Country & Blues, gespielt mit dem Druck und der gnadenlosen Tightness des Dance-Zeitalters. Nur so ist es möglich, die neuen Song der (nach drei Jahren endlich fertig eingespielten aber noch nicht gepreßten) neuen LP gleichberechtigt mit bewährten Alt-Hauern wie „Walking On The Water“ oder „Shakin‘ All Over“ zu verbinden. Richtig spannend wird es aber erst, wenn Oberbrand(os)meister Kincaid, in dessen Rostkehlchen John Fogerty wiederauflebt, das gruppendienlich zurückgenommene Gitarrenspiel vergißt und fünf Minuten lang mit seiner Gibson in ein Fingerbrecher-Solo explodiert. Selber schuld, wenn sie dann als Zugabe sieben Songs nachlegen müssen.