The Cardigans


München, Elserhalle viel Neues, wenig Hits: Nina Persson löst ihre Beziehungsprobleme auf der Bühne. Lange vorm Morgengrauen.

Gehen wir erstemmal fünf Monate zurück. „Rock am Ring „, später Juni-Nachmittag, die Sonne knallt auf die Hauptbühne des Rawk-Festivals, während sich der abgesperrte Bereich davor mit Iron-Maiden-Fans füllt, die sich irgendwie nicht so sehr dafür interessieren, was da oben abgeht: The Cardigans geben sich wirklich alle Mühe in dem schnuckelig dekorierten Bühnenbild mit allerlei Kronleuchtern und Wandteppichen mit Mustern circa Oma Louise. Die Schweden spielen die Lieder ihrer neuen Platte long gone before daylight. einer großartigen Trauer-Weltschmerz-verlorene-Liebe-Hoffnungslosigkeits-Platte. Der Platte des Jahres der Herzen, der gebrochenen Herzen. Sängerin Nina Persson wirkt dabei seltsam entrückt, wie überhaupt nicht da. Und irgendwie passt das alles nicht zusammen. Die November-Musik, die 35 Grad im Schatten, wo weit und breit kein Schatten ist, die jungen, verwirrten Menschen, die „Maiden! Maiden! skandieren.

Gegenwart. Elserhalle in München. Die Jahreszeit harmoniert jetzt perfekt mit der Musik des immer noch aktuellen Cardigans-Albums. Der angenehm verräucherte Auftrittsort auch. Die Bühne immer noch circa Oma Louise, die Lieder immer noch tieftraurig im Inhalt, aber seltsam semi-beschwingt in ihrer Form. Aber Frau Cardigan ist jetzt sichtlich besser sortiert, sie kann sogar lächeln, sie fordert das Publikum zum Mitklatschen auf und sagt Sachen wie „Das nächste Stück handelt von der Liebe… ah… aber das tun ja eigentlich alle unsere Songs. “ The Cardigans spielen konsequent die Lieder des Albums der gebrochenen Herzen, schieben ein paar Hits [„Lovefool“, „My Favourite Game „l dazwischen und ein kurzes Akustik-Set von Nina und Gitarrist Peter Svensson mit einem Lied, „dos es nicht aufs Album geschafft hat“ „lf There Is A Chance“). Sogar Vorprogramm-Bestreiter Christian Kjellvander steht mittlerweile andächtig im Publikum und wippt mit dem rechten Fuß zu den großen verkannten Songs.

Hätte Nina Persson einen Bierbauch, einen Schniedel und vielleicht 30 Jahre mehr auf dem Buckel, dann würden sie schwärmen, die Bewahrer des Songwritertums, von der Tiefe der Songs, von der poetischen Schlichtheit der Texte, von den Cardigans.